Stoffspielerei im April: Plisseeee

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Lucy  von Nahtzugabe hatte für die heutige Stoffspielerei* das Thema Plissee vorgeschlagen.  Dazu war ich erst einmal ratlos. Schließlich braucht man für Plissee eigentlich eine Profimaschine und Profischablonen. Nicht weit von mir liegt eine der wenigen Plisseebrennereien Deutschlands, die Firma Gießmann. Mehrere Zeitungen berichteten bereits darüber, zum Beispiel hier: „In kunstvolle Falten gelegt„.  Die Pappschablonen werden offenbar per per Hand gefaltet – das kommt für mich nicht infrage. Wie kann das regelmäßig werden?

Zum Glück  fand ich in Reclams Mode- und Kostümlexikon beim Eintrag zu „Plissee, das (von frz. pli ‚Falte‘)“:

…. Sehr fein und regelmäßig plissiertes Leinen grub man in Birka, dem schwedischen Handelszentrum (ca. 800-975) der Wikinger, aus. Da die Falten rund sind, wurde wahrscheinlich das Plissee durch Einnähen und Zuziehen von Fäden erreicht, die man nach dem Waschen und Trocknen des Stoffs wieder entfernt hat.

Also machte ich es wie die Wikinger und zog Nähgarn durch einen abgeschnittenen Hemdärmel.

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Natürlich rissen einige dieser Fäden beim Zusammenziehen, was bei solchen Projekten ein SUPERGAU ist. Daher: Für so etwas IMMER festen Zwirn nehmen, auch wenn man gerade zu faul ist, welchen zu suchen.

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Nun hatte ich mein kleines Faltenpaket, aber wie weiter?

Ich fand dieses französische Video über einen Plisseur und  lernte, dass meine Baumwolle nur gefaltet bleiben wird, wenn ich sie niemals wasche. Monsieur Lognon der Plisseur rät zu Kunstfaser wenn das Plissee waschbar sein soll, sonst ist es nach der Wäsche dahin,  sinon, c’est foutu.

Einen Dampfschrank wie die Profis hatte ich natürlich nicht, aber  früher wurde einfach über einem Kochtopf im Wasserdampf fixiert, das versuchte ich dann auch. Das Päckchen eine Stunde im Sieb über leicht köchelndem Wasser durchziehen lassen, dann über Nacht langsam trocknen .

Am nächsten Morgen war ich nach dem Heraustrennen der Fäden angenehm überrascht.

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Das gefällt mir wirklich gut. Ich könnte noch eine zweite Manschette plissieren und beide mit Knöpfen um die Handgelenke herum verschließen (am besten einfach die festen Manschetten von einem Oberhemd abschneiden und das Plissee aufapplizieren).

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Mit Waschbarkeit ist es dann auch nicht so ein Problem, man könnte Flecken vorsichtig per Hand austupfen. Als Kragen oder Jabots könnte ich mir so ein Plissee auch gut vorstellen.

Ein bisschen erinnert mich mein Ergebnis auch an dieses Brillenetui, das ich schon vor ein paar Jahren einmal bezogen habe – das sind unregelmäßig abgenähte Falten.

2016-04-23 22.02.13 Das Innere ist ein Schnappetui mit Werbeaufdruck vom Optiker. Wie das ganz einfach zu beziehen ist habe ich bei diesem Brillenetui  einmal gezeigt.

Nun schnell weiter zu Lucy  von Nahtzugabe von der ich weiß, dass bei ihren Vorbereitungen ein Backofen eine Rolle spielte, das ist spannend!  Vielen Dank an Lucy für das Linksammeln.

Ich werde mir auch alles ansehen, aber das Kommentieren bei Blogspot-Blogs ist inzwischen für Externe so frustierend, daß mein Duchhaltevermögen dafür vielleicht nicht reicht.

NACHTRAG: Christoph hat in den Kommentaren darauf verwiesen, dass Kleidung um 1800 zum Waschen die Falten wieder mit (wenigen) Fäden fixiert hat, das hat gut geklappt.

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Vormerken: Der nächste Termin für die Stoffspielerei ist Sonntag, der 29. Mai 2016 bei Karen mit dem Thema “Schrift im/in/auf Textil”.

*
Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

Der Plan für die nächsten Monate, kurzfristige Terminänderungen sind möglich:

26. Juni Frifris, Thema „Löcher“

SOMMERPAUSE

Wiederaufnahme voraussichtlich am 25. September bei mir, Thema: Von Gold bis Blech – Metallstickerei

 

 

11 Kommentare

  1. Das pinke Streifenmuster ist ja ganz hinreißend für Plissee. Eine schöne Manschette. Ich habe das Plissee freier genommen, habe ganz viel zusammengefältet, dann mit einer Kaffee-Tee-Mischung bestrichen, das ganze im Backofen gebacken, gewaschen – und wieder aufgelöst. Jetzt werde ich es neu vernähen, mal sehen, wie das wird… Lg mila

  2. Sehr sehr schön! Mich hast du überzeugt!
    Das mit dem Fäden einziehen hab ich auch noch gelesen, das werde ich auch mal bei Wolle ausprobieren, das schien mir auch eine gute Lösung. Übrigens habe ich gelesen, dass die Wikinger das teilweise schon beim Weben mit eingebaut haben (wo man bei der Suche dann überall landet… http://www.flinkhand.de/forum/viewtopic.php?f=119&t=178&start=110).
    Toll. Ich finde du solltest auch noch den zweiten Ärmel machen und Knopflöcher einnähen, dann könntest du es an den Saum anknöpfen und zum Waschen abnehmen. Mit dem gestreiften Muster wirkt das ganz toll.
    Ich grübele immer noch, gestern lag ich leider flach. Aber das Dauerwellenmittel hab ich wieder aus der Planung rausgenommen, ist mir zu ungesund.
    Liebe Grüße!

  3. An Manschhetten und Jabot hatte ich auch kurzeitig gedacht, es aber verworfen. Ich hatte ja schwarz und da ist es schon sehr theatralisch. Wenn das jemand auch im Alltag trägt, bion ich voller Bewunderung. Deine frische Variante gefällt mir, vielleicht lohnt es sich echt eine Bluse so aufzupeppen und mit den Streifen kommt auch eine gewisse Strenge.
    lieben Gruß Karen

  4. Danke für das französische Video, das ist ja mal ein richtig erhellender Einblick ins Handwerk eines Plissierers! Siehst Du, da ich keine Ahnung hatte, dass man fürs Plissieren Profiwerkzeug und Schablonen braucht, bin ganz unbedarft ans Thema rangegangen. Und stelle jetzt fest, dass ich vielleicht sogar ganz unabsichtlich den richtigen Riecher hatte mit meiner Papierfaltung. Wenn ich das etwas größer und aus festerem Karton statt aus Papier machen würde, wer weiß: Vielleicht könnte sogar ein Plissier-Experiment im Kochtopf oder Backrohr für die Schuppenfalten gelingen? Das reizt mich jetzt schon sehr.
    Deine Manschette finde ich durch die Streifen extra hübsch! Jemand anderer hat heute auf Issey Miyake hingewiesen, der auch mit mehrfarbigen Streifenplissees experimentiert. Das ist ja ein netter Effekt bei Dir, wenn das Weiß aus der Falte hervorblitzt!
    Unglaublich, zuerst konnte ich mit dem Thema nicht wirklich was anfangen, und jetzt hab ich heute so viel dabei gelernt, es ist so schön.
    Liebe Grüße, Gabi
    PS: Ich habe einen WordPress Blog, bei mir sollte Kommentieren kein Problem sein ;-)

  5. Gefällt mir sehr gut! Und wahscheinlich wäre mit einer Plissierform das Spiel mit den zwei Farben nie so schön herausgekommen. Manchmal lohnt sich eine futzelige Handarbeit.
    Hast Du Deinen Stoff schon gewaschen und blieben die Falten dann drin?
    Liebe Grüße
    Ines

  6. Wow, das ist ja schön geworden. Danke für die ausführliche Beschreibung und die links. Ich muss ja ehrlich zugeben, dass mich das Thema eher abgeschreckt hat, aber wenn ich nun die tollen Ergebnisse sehe, könnte ich doch mal versuchen zu falten. Vielleicht für ein kleines Projekt???
    LG Ute

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