Hermelinpelz – woher kommen die schwarzen Punkte?

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Mal wieder ein Dachbodenfund: Ein Schuhkarton mit weißen Fellstücken, inklusive Köpfchen und Schwänzchen. Das kann nur Hermelin sein, denke ich sofort. Und beim Anblick der dunklen Schwanzspitzen wird mir klar, warum Hermelinfell an Kleidung meist charakteristisch schwarz gepunktet ist.

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Ich schwöre, darum hatte ich mir früher nie Gedanken gemacht!  Sobald man aber Bescheid weiß, sieht man sie plötzlich überall, die dunklen Zipfel in den alten Gemälden. Manchmal sind zusätzlich sogar noch die Beine der kleine Tiere zu erahnen.

Doge Giovanni Mocenigo by Gentile Bellini (cradled) (crop)via
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Das zur Zierde dunkel gepunktete Hermelinfell repräsentierte seit dem Mittelalter Status und Zugehörigkeit zum Königshaus. Ebenso markierte es das hohe Amt eines Würdenträgers in Kirche und Verwaltung.

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Das Symbol musste immer mit aufs Bild, auch wenn eine Königin in späteren Jahren lieber einmal ohne altmodische Umhänge porträtiert werden wollte.
Maria Hendrika; Queen of Belgium1880er, via
Der Mantel mit Hermelinbesatz der belgischen Königin liegt im Hintergrund auf dem Stuhl um zu zeigen: Hier geht es aristokratisch zu!

Eigentlich war das weiße Winterfell der kleinen Wiesel aus der Familie der Marder zu Zeiten der großen königlichen Roben gar nicht der wertvollste Pelz. Aber das weiße Fell des Tiers wurde schon seit alter Zeit mit Reinheit und Unschuld in Verbindung gebracht, so dass die herrschende Schicht es für sich reservierte.

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Wenn man bei Wappen solche Muster sieht, dann stehen die Symbole für Hermelin:

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Die Schwanzspitzen können in den Wappen sehr variantenreich ausgeführt sein.

Coa Illustration Ermine spotsvia

Auf diesem Foto sieht man, wie Schwanzspitzen in eine Krönungsrobe eingeschoben werden:

Screenshot_2016-03-07-23-28-18screenshot Pinterest

Das Foto habe ich bei Pinterest gefunden. Die Ursprungsquelle für das Bild ist natürlich – wie bei Pinterest meist – nicht mehr aufzufinden (und der Link zu Pinterest ist für alle nutzlos, die dort nicht registriert sind, das ist mies und tut mir leid).  Mich ärgert das sehr, denn ich hätte gern mehr über das Foto gewusst. Es soll die Krönungsrobe von King George V zeigen. Wenigstens bin ich über die Bildersuche  zu einem vielleicht passenden Zeitungsartikel von 1911 gekommen. Danach wurden 500 Felle und 650 Schwänze für den Umhang verarbeitet.

King George V 1911 color-cropKönig GeorgeV 1911

Den Krönungsmantel des Sohns von George V als Filmdokument könnt ihr hier sehen: Royal Family Coronation Robes (1936). Glücklich sieht George VI nicht aus (das ist der aus dem Film „The King’s Speech“).

Nicht immer wurden Schwanzspitzen für die schwarze Musterung verwendet. Die Öhrchen des Wiesels, Pelztupfen von einem dunklen Tier oder auch schwarze Einfärbung des weißen Fells waren weitere Möglichkeiten, den Anblick nachzuahmen. Es musste außerdem nicht immer Hermelin sein, der günstiger zu erlangende Schneehase hatte auch schönes weißes Fell. Es war also durchaus möglich, sich einen Hermelinersatz aus anderen Tieren zusammenzubasteln.

Heutzutage besteht die würdevolle Robe natürlich eher mal aus Kunstpelz.

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Kunst-Hermelin an akademischem Würdenträger

(Michał Nadolski; stv, Czeslaw P. Dutka (inauguracja roku akademickiego PWSZ Wałbrzych), Ausschnitt, CC BY 3.0)

Für mehr Informationen zum Thema Hermelinfell kann ich euch glaube ich getrost an die sehr ausführliche deutsche Wikipediaseite verweisen. Dahinter steckt ein engagierter Kürschner, der weiß sicher, was er schreibt.

Mit den Fellresten in meinem Schuhkarton war wohl eher ein kleiner Kragen geplant. Ab dem 19. Jahrhundert leisteten sich auch ganz normale Leute ein bisschen Hermelin an der Kleidung, wie zum Beispiel diese Dame hier:

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Nicht ganz so zurückhaltend ist ein Ensemble von 1890-99 aus dem Metropolitan Museum.

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Und wenn wir schon einmal beim Overkill sind – hier noch ein skurriler Fund vom Ende des 19. Jahrhunderts. Schal und Muff wurden laut Beschreibung aus mehreren Möwen gearbeitet.

furmetgull.JPGviaMetmuseum

A set like this would have been been worn by an elite member of society who could afford to be somewhat unconventional in her taste.

Ein Ensemble für ein Gesellschaftdame „die sich einen etwas unkonventionellen Geschmack leisten konnte“ – schön ausgedrückt. Keine Ahnung, wer es sich heute leisten könnte, mit meinem Dachbodenfund am Revers herumzulaufen. Ich stecke die kleine Felle zurück und hebe sie für zukünftige Generationen auf.  Vielleicht denkt dann in 100 Jahren mal wieder jemand über die Geschichte des Hermelinfells nach.

Schönes Wochenende!

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6 Kommentare

  1. Es gibt vieles auf was ich neidisch bin bei diesen Roben: Fließende Seide in Hülle und farbiger Samt in Fülle…..Aber warum denke ich bei den Königs-Umhängen an Schädlingsbekämpfer aus der Vorzeit? Nur weil ich einen sumpfig-feuchten Altbaukeller in Berlin besitze und nicht benutze, weil…….uugggrrr
    Natürlich hochinteressant, was du hier mitteilst und tolle Illustrationen.
    Gruß Carmen

  2. Hihi, beim letzten Bild musste ich sofort an Björk denken, da scheine ich nicht die einzige zu sein… http://partnouveau.com/wp-content/uploads/2013/01/1880-Accessory-Set-and-Marjan-Pejoski.jpg Marjan Pejoski ist der Designer des Schwanenkleides.

    Über die Punkte habe ich mich schon immer gewundert, ich kam gar nicht auf die Idee, dass das Hermelinschwänze sein könnten, dachte immer das sei der Schönheit wegen einfach eingefärbt.

    Und weil’s dazu passt, auch Willem-Alexander in Hermelin, 2013 (http://www.augsburger-allgemeine.de/thema-des-tages/M-xima-glaenzt-in-Amsterdamer-Koenigsrobe-id25042371.html<)
    und eine Geschichte zum Mantel (wenn sie denn wahr ist):

    http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/weiterenachrichten/blickpunkt/Hintergrund-Der-Koenigsmantel-mit-Hermelin-von-C-A;art302,1987569

    Liebe Grüße! frifris

    • Danke für die Links, der Plastikschwan ist ja eine schöne Variante/Antwort auf die Historie.
      Von Willem Alexander hatte ich noch das hier gelesen: His ermine-lined cloak has been criticised by animal rights activists in the Netherlands, but Willem-Alexander noted that it is old and so no blood had recently been shed for it.
      Wer weiß, ob diese Mäntel nicht bald nur noch auf Parties auftauchen.

  3. Ein sehr schöner Dachbodenfund und vielleicht auch ein wertvoller. Dass es tatsächlich nur das Schwänzchen ist, welches diese schwarzen Zipfel macht, wußte ich nicht, denn im Schlafzimmer meiner Eltern hing früher Leonardo da Vincis „Dame mit dem Hermelin“, bei dem man das Schwänzchen gar nicht sieht. Aber die Menge an sich war schon gigantisch für einen Umhang, das hat mich immer beeidruckt und beunruhigt zugleich. Allein die Arbeit des Kürschners, Patchwork der besonderen Art!
    Sehr interessant, dass diese Zipfel auf den Wappen auftauchen, auf die Idee wäre ich nie im Leben gekommen. Es gibt ein Heraldik-wiki, die auch einiges dazu schreiben.
    Motten können auch auf so was gehen, ich würde da unbedingt was dazulegen , nur so als Sicherheit.
    Viele Grüße Karen

    • Bin ich ja beruhigt, dass ihr auch nichts von den Schwänzen wusstet. Und nun mache ich gleich mal ordentlich Lavendel mit in den Karton, Danke für den Hinweis.

  4. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel und den Hinweis zum Wiki-Beitrag über das Kürschner-Handwerk. Mein Vater züchtete als Rentner Chinchillas, ich habe nach seinem Tod die reifen Felle bekommen und teilweise selbst zu Mützen verarbeitet. (Ich bin keine Kürschnerin, sondern eine unerschrockene Hobbyschneiderin).
    Die Bestimmungen für das Gerbverfahren wurden etwa in den 70er Jahren geändert, d.h., die Häute sind nicht mehr so haltbar wie Häute aus früheren Zeiten. Sie können einfach zerfallen oder verwesen. Ich fürchte, Lavendel wird zur Konservierung nicht viel beitragen können.
    Übrigens ist der rote Absatz, den der König auf dem Gemälde so demonstrativ zeigt, ein Statussymbol wie der Hermelinmantel auch.
    Die Beiträge bei den textilen Geschichten sind immer wieder spannend und inspirierend.
    Danke dafür, herzliche GrüßeTyche

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