Meisterwerken auf die Naht gefühlt

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Die Flügelhaube dieser jungen Frau von ca. 1440 wird mit Nadeln gehalten. Zum Glück haben Maler wie Rogier van der Weyden genau hingeschaut, so dass wir eine Menge aus den Kleidungsdetails in alten Bildern lernen können. Für den Gesamtanblick könnt ihr zum Bildnis einer jungen Frau bei Wikimedia/Google Art Project gehen.rogiervanderWeyden1aGA

Manche Bilder dort sind so hochauflösend fotografiert worden, dass auch große Werke wie Die Gesandten (1533) von Hans Holbein dem Jüngeren bis in jeden kleinen Pinselstrich betrachtet werden können. Hier drei Ausschnitte:

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Hans Holb younger amba3GATotal faszinierend finde ich diese Strukturen und Texturen, die kleinen Fäden, die aus dem Teppichrand hängen, die Verschlussdetails .

Noch einmal Rogier van der Weyden bzw. seine Werkstatt, Porträt Isabella von Portugal, (1450/1500). Das Gewebe im Detail:

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Bei  Charles de Solier hat Holbein sich ganz genau um die aufgestickten Schnüre des schwarzen Gewands gekümmert:

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Auch bei Holbeins Porträt von Heinrich VIII. , ca. 1537,  blitzt das Hemd schön weiß aus den Schlitzen hervor:

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An der Schulternaht des Hemdes  sieht man ein kleines schwarzes Stickmuster.  Blackwork-Stickerei mit schwarzem Seidenfaden auf weißen Grund war sehr populär zur Zeit Heinrich VIII.  Bei den Ärmelabschlüssen von Jane Seymour hat Holbein d. J. 1536 jeden einzelnen Stich der Schwarzstickerei dargestellt:

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Jane Seymour trägt roten Samt mit goldenem Netzwerk. Die Fixierung des Vorderteils blitzt in goldenen Punkten hervor, die Perlen reflektieren auf dem Stoff, um den Glanz des Samtes malerisch zu erfassen.

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Beim Porträt des Sohns von Heinrich VIII. und Jane Seymour, Edward VI. als Kind,  hat Hans Holbein d. J. jeden Faden in der Borte am Halsausschnitt ausgearbeitet :

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Einige Jahre später auf dem Kontinent malt Lucas Cranach der Ältere  Martin Luther:

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Das schwarze Band ist hier die einzige Zier. Bei Cranachs Bild Judith mit dem Kopf von Holofernes halten schwarze Bänder die Teile des Ärmels über dem Hemd zusammen.

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Für heute genug. Hoffentlich erfreuen euch diese Entdeckungen genau so wie mich? Mir haben sie den grauen Sonntag etwas aufgehellt. Noch einen schönen Tag also und bis bald!

 

 

14 Kommentare

  1. Ganz wunderbares Augenfutter mit deinen wie immer tollen Beschreibungen…auch an einem sonnigen Sonntag…herzlichen Dank für alle deine Beiträge…und viele Grüße von einer stillen Leserin! Hilli

  2. Sehr interessant, was Du immer zu Tage förderst, faszinierend für mich.
    Heutzutage ist es vielleicht fototechnisch eher so, dass die Teppichfäden-Fehler weg retuschiert werden würden.
    LG Ute

  3. Faszinierend! Wieviele Stunden Arbeit wohl in den kunstvollen Stickereien stecken mögen?
    Danke fürs Zeigen! Und ein Hoch auf die hochauflösende Fotografie!

  4. Wunderbar! Niemals dürfte ich im Museum so nah an das Bild, um genau solche Sachen zu inspizieren. Nicht nur einmal fing es an zu tröten! Finde ich toll, dass es so etwas im Netz gibt in dieser Auflösung.Von dieser schwarzen Stickerei auf BW hörte ich noch nie. Welche frische junge Mächenaugen und -hände diese wohl „produziert“ haben?
    Bei dem Teppich ist faszinierend wie die ungleichmäßigen Stiche am Ripsband zu sehen sind, dass als Abschluß angenäht ist.
    Gerne mehr von deinen Funden.
    Viele grüße Karen

    • Im Deutschen wird diese Stickerei heutzutage naheliegenderweise als „Holbeinstickerei“ bezeichnet… Und die von ihm so schön gemalte Teppichvariante als Holbeinteppich!
      Schöne Beispiele hast du da gefunden, Suschna.
      LG, Bele

    • Ha, vielleicht waren es ja auch eifrige Männerhände der Stickerei-Gilde? Müsste man mal wieder länger nachrecherchieren.
      Und ja, ich sammel noch mehr, das macht so einen Spaß!

  5. Mich hat es gerade wieder beim abgeschlagenen Kopf von Holofernes gegruselt. Über diese Grausamkeit bin ich schon letzte Woche in der Zeitung beim Artikel über das verschollene Caravaggio-Gemälde gestolpert. Das Motiv ist einfach nur schrecklich.
    Und dann als Kontrast übt sich Cranach als genauester Beobachter von zeitgenossischem Textilhandwerk.
    Ich weiß, das muss so.
    Aber trotzdem….

    Danke für dein Fundstück!

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