Ab wann trugen Frauen wirklich Hosen?

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Wandertag einer Mädchenklasse, 1955

Dieses Foto von 1955 aus dem Fotoalbum meiner Mutter ist mir aufgefallen. Meine Mutter und ihre Klassenkameradinnen tragen zum Wandern alle ausnahmslos Röcke, Wollsocken und feste Lederschnürschuhe. Schon zwanzig Jahre später wäre es für 16jährige Mädchen aber sehr seltsam gewesen, im Rock auf Wandertag zu gehen. Sie hätten Hosen, wahrscheinlich sogar Jeans getragen.

Meike von Crafteln hat vor Kurzem zwei interessante Interviews zum Thema Hosen veröffentlicht. In dem einen befragt sie ihre Mutter, die (wie meine Mutter) in den 50er Jahren zur Schule gegangen ist. Ich habe nun Meikes Fragen genommen und sie auch meiner Mutter gestellt.

Meine Mutter und die Hosen
Frage: Kannst du dich daran erinnern, wann du deine ersten Hosen getragen hast? Ich frage, weil ich die Vermutung habe, dass in den 50ern und frühen 60ern die Mädchen und Frauen eher oder nur Röcke trugen. Trugen deine Mutter oder andere Frauen Hosen?

Nein, meine Mutter hat nie Hosen getragen. Ich habe wohl erst in den 60er Jahren angefangen, Hosen zu tragen. Der Hauptgrund, warum ich ziemlich lange gebraucht habe, um mich an Hosen zu gewöhnen, war: Ich habe keine Hosenfigur. Es war immer schwierig für mich, eine gut passende Hose zu finden. Inzwischen ist das anders. Die Hersteller bieten genug Auswahl für unterschiedliche Frauenfiguren an. Auf Fotos trage ich in den siebziger Jahren oft Hosen. 1980, bei unserem Tischrücken, trugen die Hälfte der Frauen Hosen, die anderen Röcke.

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1980, Tischerücken (= Hauseinweihungsparty)

Frage: War das Tragen von Hosen ein „revolutionärer Akt“ eine Befreiung? Waren Hosen feministisch? Zu welcher Zeit war das und mit welchen Gefühlen war das verbunden?

Ich habe Hosentragen nicht als Befreiung empfunden. Ich habe 1959 die Schule mit 19 Jahren verlassen. Damals trugen wir noch keine Hosen. Nur eine Lehrerin. Ich vermute heute, dass sie lesbisch war, denn sie lebte mit ihrer Freundin zusammen.

Frage: Waren „Blue Jeans“ wirklich eine Revolution? Ab wann trugst du Jeans und ab wann war das normal?

Jeans haben mich nicht wirklich interessiert. Irgendwann habe ich sie für Arbeiten in Haus und Garten angezogen.

radhose1977, meine Mutter im Hosenrock, ihre drei Kinder in Jeans.

Egal wo man nachliest und herumfragt, es sieht es so aus, dass in Deutschland Hosen erst ab Mitte der 70er Jahre wirklich gesellschaftsfähig wurden.  Vorher waren Frauen, die Hosen trugen, die Minderheit. Davon kann man sich mit einem Blick ins eigene Familienalbum überzeugen.  Wenn man vor 1975 Frauenhosen sieht, dann eher beim Sport, Radfahren, Wandern oder bei Gartenarbeiten. Diese Burdamodelle von 1966 zeigen nur einen Hosenschnitt – ein Skihose.  Für einen Gang in die Stadt, eine Einladung oder als Bürokleidung scheinen Frauenhosen erst seit ca. 40 Jahren akzeptiert. Das ist eine kurze Zeit, oder?  Ich habe vorhin den Besuch in einem Altenheim gleich zu weiteren Recherchen genutzt. „Hosen standen mir nicht“ hörte ich auch hier. „Die ersten Frauen, die in Hosen kamen, fielen schon auf. Aber nicht als skandalös“. Eher waren diese Frauen Pionierinnen, Trendsetter, die modisch etwas wagten. Da war dann ein Hauch von Pariser Laufsteg in der Provinz.

Marlene Dietrich 1963, Wiki

Der Siegeszug der Hose scheint je nach Kulturkreis unterschiedlich vorangekommen zu sein.

  • Im Blog „American Age Fashion“, der die Modegeschichte älterer Frauen sammelt, sind auf einem Familienfoto von 1940 alle Frauen in Hosen gekleidet. Solche Freizeitkleidung wäre für meine Großmütter damals undenkbar gewesen. 1938 landete eine Frau in Los Angeles noch im Gefängnis, weil sie in Hosen im Gericht erschienen war. Das Urteil wurde aber später aufgehoben, sie durfte in Hosen aussagen.
  • Ich erinnere mich, dass ich noch Ende der 1990er Jahre bei einer Konferenz in London von anderen Frauen darauf angesprochen wurde, dass mein Hosenanzug aber in diesem Umfeld unüblich sei. Es stimmte: Alle Frauen außer mir trugen Rock, Pumps und Nylonstrumpfhosen. Thatcher hatte man auch nie in Hosen gesehen – und ich nehme an, dass Merkels Hosenanzug in vielen Ländern auch heute noch gegen Kleidungscodes verstößt.
  • Im türkischen Parlament dürfen Frauen erst seit 2013 Hosen tragen.
  • Ich weiß nicht genug darüber, aber ich vermute, dass es für Frauen in osteuropäischen Ländern bis heute unüblich ist, zu offiziellen Anlässen Hosen zu tragen. Was aber vielleicht dann weniger mit „Unschicklichkeit“ zu tun hat und mehr von einem anderen Weiblichkeitsbild herrührt. So wie in Frankreich die Politikerinnen  ja auch  anders aussehen als die in Deutschland.

Ihr könnt ja beim Familientreffen zu Ostern mal überlegen, ob und ab wann ihr, eure Mütter oder Großmütter Hosen trugen. Spielte die Gegend und die Gesellschaftsschicht vielleicht auch eine Rolle?  Ein Extrathema ist die Jeans, die ja weiterhin eher als Freizeitlook gilt. Da macht ja meine Mutter bis heute einen Unterschied. In einer Wollhose würde sie heute sicherlich zu einem Geburtstagskaffe gehen, aber nicht in einer Jeans.

Vielen Dank meiner Mutter, Meike und allen anderen, die an dem Thema forschen!

Schöne Ostern allen, ob in Jeans oder Osterfestkleid.

34 Kommentare

  1. Mittlerweile bin ich 60 Jahre . In meiner Schulzeit trug ich im Winter Steghosen , das war etwa 1962/63 . Danach nur Kleider und Röcke . Während meiner Lehre war mir Hosen tragen von meiner Meisterin untersagt . Das war 1969- 72. Damals kaufte ich mir aber 2 Stoffhosen und trug sie in meiner Freizeit . Dann habe ich lange Zeit keine Hosen getragen weil ich dachte die stehen mir nicht .
    Hosen habe ich auch selber genäht , jetzt trage ich aber lieber selbt genähte Kleider .
    Von meiner älteren Schwester weiß ich das sie eine Jeanshose von meinem Cousin bekam , Irgendwie war eine Jeans für Mädchen nicht aufzutreiben . Das war vielleicht im Jahre 65 .

  2. Danke für Dein Recherchieren. Die Ostertage werde ich mal meine Mutter fragen. Von meiner Großmutter (Jg. 1918) weiß ich , dass sie zur Feldarbeit in den 60er dann Hosen angezogen hat. Meine Mutter trug Hosen in den 60er zum Mopedfahren (unten mit Steg).
    Ich bin schon gespannt, was rauskommt. Ich selber habe – aus Gründen die ich heute nicht mehr weiß – Anfang der 80er auch keine Hosen getragen. Und anschließend die engen Jeans meines großes Bruders. Mein eigenes Verhältnis zu Hosen wurde dann erst mit dem Erwachsensein normal.
    LG Ines

  3. Mir ist noch etwas eingefallen. Meine Mutter kann ich nicht mehr fragen . Meine Mutter hat zum zelten am Kanal einen himmelblauen Hosenanzug getragen . Ihr Vater hat sie daraufhin geprügelt . Leider weiß ich nicht wann das war , Vermutlich vor dem Krieg .
    Ich war etwas von den Socken als ich diese Geschichte hörte , Meine Mutter die bei Mode immer nur am schimpfen war

  4. Meine Mutter (geb. 1944) hat bis Mitte der 80er Jahre keine Hosen getragen. Dann – weil wir Töchter darauf gedrängt haben – hat sie beim Arbeiten auf der Hausbaustelle zumindest Jeans angezogen. Es hat aber bestimmt bis 1990 gedauert, bis sie auch mal eine Stoffhose zur Arbeit im Büro angezogen hat, weil sich das in ihren Augen nicht gehörte, wenn man regelmäßig Kundenkontakt hatte.

    Wir Kinder (geb. 1967 und 1971) hingegen haben hingegen von klein auf Hosen (anfangs vor allem Cordhosen, später auch Jeans) getragen, was vermutlich auch damit zusammenhing, dass unser Onkel damals eine Hosenfabrik besaß und wir deshalb maßgeschneiderte Hosen bekamen.

    Von meinen Großmüttern kann ich berichten, dass beide niemals eine Hose getragen haben, soweit ich das anhand von Fotos und selber erlebten sagen kann.

  5. Ich weiß aus meiner alten und altehrwürdigen Schule, dass in den 50ern und 60ern Hosen für Mädchen GAR NICHT gingen – das war nicht nur verboten, es war auch unglaublich skandalös.

    • in den 40ern wurde in meiner schule (in der schweiz) eine schülerin entlassen, weil sie in hosen in die schule gekommen war. so etwas sakandalöses erlaubte die schulleitung nur in strengem winter mit hohem schnee, und auch dann nur skihosen.

  6. ….1976 trug ich ( jahrgang 1943) eine knallrote Wollhose. Der Kommentar meiner Großtante ( Jahrgang1895 ) : ….wenn dein Mann dir das erlaubt – und ein mißbilligender Ton dazu, der mich heute in der Erinnerung noch amüsiert……Ulrike

  7. Ich finde das wirklich sehr interessant. Wie das wohl in den umliegenden Ländern war? Meine Vermutung ist ja ebenfalls die, dass in den Vereinigten Staaten Frauen deutlich früher Hosen getragen haben. Inwieweit das wohl schichtspezifisch war? Und das Stadt- Land- Gefälle?
    Und ob es einen Zusammenhang gibt mit der Rolle (Beruf/Familie) und Position der Frau und in Deutschland speziell einem ganz schrägen nationalsozialistischen Frauenbild (solche Dinge prägen ja oft länger als man denkt)? Fragen über Fragen.
    Ab den 68ern (ich vermute, dass die politische Entwicklung da auch eine Rolle gespielt hat, aber was weiß ich schon) hat sich der Kleidungsstil definitiv ganz radikal geändert. Ich habe als Kind in den 70ern deutlich häufiger Hosen als Röcke getragen – in der Provinz – und bin mir fast sicher, dass das auch auf den Klassenfotos aus der Zeit erkennbar ist.
    Aber Röcke für Jungs: immer noch völlig undenkbar.

  8. Liebe Suschna, ich selbst bin Jahrgang 1953 . Ich erinnere, dass meine Grossmütter NIE Hosen trugen,also bis 1970 nicht . Als ich selbst 12 oder 13 war, Mitte der Sechziger, kamen die ersten Jeans auf, gemeinsam mit den Parkas für die Jungs. Zu der Zeit war z.B. meine Freundin auf einem Nonnen geführten Gymnasium, und sie musste über den Hosen, die sie im Winter trug Röcke tragen. Und wir lebten in Dortmund, also nicht auf dem platten Land! Ich selbst fand Ende der Sechziger die engen Hosen mit Schlag toll, sie waren aber furchtbar unbequem, weil es damals natürlich noch kein Elasthan gab.
    Meine Mutter erinnere ich aber auch erst in den 80 ern in Hosen. Ich selbst hab Hosen nie als eine Befreiung angesehen, eher als ein Modestatement.
    Interessant finde ich, dass frau inzwischen ja eher mit Röcken und Kleidern auffällt, die ich persönlich nicht unpraktischer finde, weder beim Radfahren, noch im Haushalt, noch beim Treppen steigen – eine Einschränkung natürlich: im hautengen Bleistiftrock mit Heels kannst Du weder Rad fahren noch einer Bahn hinterherjagen ;)
    LG Dodo

  9. Interessant ist in diesem Zusammenhang sicher auch der politisch-historische Unterschied zwischen USA, Kanada und England im Gegensatz Deutschland. Durch die staatlich gewünschte Arbeit der Frauen auf dem Land (Women’s Land Army) und in den (Munitions-) Fabriken war es ab den 40ern dort viel üblicher Hosen zu tragen, bzw. gehörte zur weiblichen Uniform. In Deutschland ist ein großer Teil dieser Arbeit von Zwangsarbeitern ausgeübt worden – und Hosen passten nun auch so gar nicht zu dem Weiblichkeits-Ideal, das die Nazis propagierten.
    Möglicherweise haben die Frauen in den Ländern, in denen Hosen eine ganze Weile absolut richtig und wichtig als Kleidung waren, diese bequeme, praktische Kleidung nie ganz ablegen wollen?! Aber das sind jetzt nur Vermutungen von mir.
    LG mila

  10. Ich habe ein Nähbuch aus den 50ern oder frühen 60ern zuhause (bitte nicht nach Titel fragen, das Ding ist irgendwo im Keller vergraben), in dem des Langen und des Breiten von der Hose abgeraten wird – weil kaum eine Frau die richtige „Hosenfigur“ hat (was immer das sein soll, das wird nämlich nicht erläutert). Die Hose gilt in dem Buch eher als gewagtes, avantgardistisches Modeexperiment, dem man sich aus ästhetischen Gründen nur vorsichtig – wenn überhaupt – annähern soll.

  11. http://www.spiegel.de/panorama/in-paris-ist-es-nach-214-jahren-fuer-frauen-legal-hosen-zu-tragen-a-881300.html
    Bis zum Jahr 2013 war es Pariserinnen formell per Gesetz verboten, in der Öffentlichkeit Hosen zu tragen. Ausnahmen gab es nur für Radfahrerinnen und Reiterinnen. Am 31. Januar 2013 wurde dieses Gesetz offiziell aufgehoben.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Hose#Geschichte_der_Frauenhose
    Die Schauspielerin Senta Berger durfte 1969 in einem edlen Designer-Anzug nicht zum Dinner in ein Londoner Hotel, sondern musste sich umziehen.

    • Die Sache mit dem Pariser Revolutionsgesetzt ist besonders interessant. Die Revolultionäre wollten keine Frauen, die sich als „den Männern gleich“ aufspielten. (Den Bezug zu den Kniebundhosen im Spiegelartikel habe ich im frz. aber nicht gefunden). Danke!

      • In Deutschland wenig bekannt ist George Sand, französische Schriftstellerin und Feministin. Sie war neben vielem anderen bekannt dafür, in Paris (nicht nur dort) Mitte des 19. Jhds. nicht nur in Hosen, sondern komplett in Männerkleidung aufzutreten und Zigarre zu rauchen. Hat sich also nicht um das Gestz geschert. Musste sie auch nicht, da gut mit dem Präsidenten und späteren Kaiser befreundet. Sie war allerdings in vielerlei Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung.

        Meine Mutter, Jg. 36, hat dagegen erst um die Jahrteausendwende herum angefangen Hosen zu tragen.

  12. Vielen, vielen Dank für Deine so unterschiedlichen Überlegungen zu textiler Geschichte. Ich liebe jeden Aspekt.
    Spontan kann ich dazu sagen: ich habe zwischen 1974-1978 eine Modeschule besucht (Fachschule für Bekleidungsgewerbe und wirtschaftliche Frauenberufe, Wien 1090) uns war in der Schule das Tragen von Hosen verboten obwohl wir im Lehrplan auch das Nähen von Damenhosen hatten. Wir haben im 3.oder 4. Jahr eine Hose genäht die schrecklich gepasst hat. Ich hatte meine nie getragen.
    Die Grundschule habe ich in einer Klosterschule verbracht und wir hatten Schuluniform, Röcke und Schürzen. Ich erinnere mich, dass eine Schulkollegin einmal in Hosen erschien weil sie ein Gipsbein hatte nach einem Schiunfall. Das war eine große Ausnahme an die ich mich heute noch erinnere, nach so vielen Jahren. Wahrscheinlich hat das aber mehr mit der Uniform zu tun als mit der Hose. Es war ja auch verboten private Röcke zu tragen übrigens nur die Mädchen hatten Uniform die Buben in der Klasse trugen normale Bekleidung. Das ist aber ein bisschen ab vom Thema.
    Meine Mutter, Jahrgang 1923, habe ich nie in Hosen gesehen. Obwohl ich glaube es gibt Foto aus der Zeit des Krieges auf denen sie Hosen trägt. Soll ich die suchen? Wäre das interessant?
    Ich liebe übrigens Hosen und ganz besonders Jeans. Obwohl ich oft und gerne Jeans (ganz normale blaue Jeans) trage überlege ich sehr wohl wohin ich sie tragen „darf“. Z.B.Theater – nie, Essen gehen – kommt auf das Lokal an, Büro – nur selten.
    Ach, ich freue mich schon wie das weiter geht hier :)
    Liebe Grüße
    Teresa

    • In den beiden Weltkriegen war Hosentragen bei Frauen ja „ausnahmsweise“ o.k., siehe Mila oben. Beweisfotos dafür sind immer interessant, aber extra raussuchen nicht nötig, bloß gut aufheben und bei Gelegenheit zeigen.

  13. Ostern und Familienfest liegen hinter mir und noch bevor ich diese Überlegungen gelesen habe kam dort das Thema Hosen/Röcke auf. Meine kleine Tochter hat ihre Großmutter gefragt, warum die heute nur Hosen trägt und beim Blick ins Album kam raus bis in die Achtziger trug sie auf ausnahmslos allen Bildern Röcke. Ganz irgendwann wars ja skandalös für eine Frau, Hosen zu tragen und dieser Einwurf: die wenigsten Frauen hätten eine Hosenfigur. Köstlich. Es ist doch eine Frage der Gewohnheit und der an die Figur angepassteren Schnitte. Ich frage mich eher, wie es möglich war, mit nur Söckchen und Rock nicht zu frieren. Oder ist es eine Frage der wärmeren Strumpfhose? Aber die Frauen, die was auf sich hielten trugen doch Nylons wenn überhaupt. Zur Not auch im Februar. Genau, das hat meine Schwiegermutter noch erzählt, wenn sie vom Tanzen kam und auf die Straßenbahn warten musste, in ihren hochhackigen Schuhen und mit Pettycoat, hat sie sich ihre Füße zu Eisklump gefroren. Und musste zuhause erstmal ein warmes Fußbad nehmen oder sich ne Wärmflasche machen.

    • Meine kleine Nichte hat ihre Großmutter auch gefragt, warum sie ihre Röcke so selten trägt :-)
      Wegen Frieren bekam ich die Auskunft: Die Röcke damals gingen ja weit über das Knie, dann mit Kniestrümpfen war es nicht kalt.

  14. Vielen Dank für alle Berichte. Interessant finde ich, dass die Sache mit der „Befreiung“ durch die Hose eher ein Mythos zu sein scheint? Hose war wohl eher ein modisches Statement, auch ein Absetzen von der älteren Generation, bes. 68er.
    Röcke als männliche Kleidung kommen ja vielleicht doch noch (bes. interessant die Schottenröcke, schaden Männlichkeit nicht). Im Theaterpublikum in Berlin war Mann im Rock (asiatisch schlicht) vor Kurzem ein Hingucker, nehme an, er war Modeschöpfer.

  15. Vor einigen Jahren (2000-2002) gab es in Detmold (also nicht gerade großstädtisches Umfeld) einen jungen Mann (Anfang 20), der regelmäßig sehr schlichte, gerade geschnittene, knöchellange, schwarze Röcke trug – und fantastisch damit aussah. Gesehen habe ich ihn häufiger, da ich neben der Berufsschule, die er besuchte, gearbeitet habe. Er gehört also nicht zu den Musik- oder (Innen-)Architekturstudenten (letztere waren auch eher konservativ-praktisch gekleidet), die sonst die Stadt etwas belebten. Aber das ist auch der einzige Mann, denn ich bislang regelmäßig Röcke tragen sah – schade, dass es nicht mehr davon gibt!

  16. Bin kürzlich im Netz auf ein erstaunliches Fänomen gestossen und habe mich an Ihren Blogg erinnert: Im Val d´Illiers in den Walliser Alpen trugen Frauen bereits am Anfang des 20 Jahrhunderts Hosen – meist als Arbeitskleidung. Sie wurden auf vielen alten Postkarten abgebildet. Dazu trugen sie den karakteristischen roten Kopfschal, vom Fotografen gerne koloriert. Googeln Sie nach Paysannes de Champery!
    Herzlichen Dank für Ihren höchst intressanten Blogg den ich gerne immer wieder besuche

  17. Bei vielen älteren Frauen hat sich die Einstellung zu Hosen mit dem Älter-werden deutlich verändert. Auf Bildern bis Mitte der 70er trugen die Frauen im Freundeskreis meiner Eltern keine Hosen, außer zum Schifahren oder Bergwandern. Inzwischen trägt keine der Frauen mehr einen Rock! irgendwann fassten sie den Beschluss, dass eine Hose als Kleidungsstück wesentlich praktischer ist.

  18. Ich bin Jahrgang 1960, weiblich , 65779 Kelkheim bei Frankfurt/M. Bei der Einschulung bekamen die Mädchen ein Kopftuch, Jungs eine Schirmmütze. Es gab für uns Kinder nur Röcke oder Kleider, meist von Müttern genäht. An Sommersonntagen Sonntagskleider ( ein Muß ) mit weißen Kniestrümpfen, ab 1970 auch weiße Socken. Im Winter nur kratzende, ständig juckende Strumpfhosen, eine Qual, dazu selbstgehäkelte Wollunterhosen. Ab 1966 kamen im Winter
    Skisteghosen dazu ( für manche unerschwinglich). Dass es Hosen zu kaufen gab, davon habe ich nichts mitbekommen, kein Mädchen hatte Hosen an. Ab 1972 fing ich an nur noch Jogginghosen anzuziehen, dann Jeans, denn die ersten Jeanscorner öffneten , wo Jeans gekauft werden konnten, meine ersten weißen Turnschuhe hab ich vom Tennis angezogen, sie waren mit rotem Sand gefärbt. Es gab nur sehr wenige Farben in der Kleidung, ich erinnere mich an weiß, schwarz , blau, grau, rot… auch himmelblau und rosa, gelb weniger. Erst in den 70ern kamen Farben wie lila oder türkis. Lila erlangte bis in die 80er Kultstatus. Lange, weiße Hosen gab es anfangs nicht , ich zog meine Karatehose an. Zu diesem Zeitpunkt lief meine Mutter NUR mit Kostüm , Nylonstrümpfen und Pfennigabsätzen herum. Hüte waren für die ältere Generation männl./weibl. ein Muß. passend zu Outfit und Jahreszeit.

  19. noch ein Zusatz . ja stimmt, die ersten weiblichen Hosen Anfang der 70er waren Cordhosen, vielleicht gab es sie auch schon in den 60ern ( davon habe ich dann nichts mitbekommen ) mit Schlag am Hosenbein, dann Jeans…. später Karottenhosen usw.
    Frauen mit männlicher Figur, die Männerhosen anziehen konnten gab es sicher schon länger.
    In meinem persönlichen Umfeld ( als Kind) sah ich diese aber nicht.
    Mit den Hosen war für mich die Zeit des Knicksens bei der Begrüßung vorbei.
    ( in der Kirche saßen links die Mädchen, rechts die Jungs… in der Grundschule (Volksschule)hatten die Mädchen eine Doppelstunde in der Woche Handarbeiten, die Jungs Werken ( nicht umgekehrt ).

  20. Ich weiß nicht, ob du das Buch schon kennst oder der Titel für dich interessant ist, aber ich bin gerade über das Buch „Women in Pants – Manly Maidens, Cowgirls and Other Renegades“ von Catherine Smith und Cynthia Greig gestolpert, das wohl eine Sammlung von Fotos aus den USA präsentiert, die aus den Jahrzehnten zwischen 1850 und 1920 stammen und – wie der Titel sagt – Frauen in Hosen zeigt.

  21. Ich bin Jahrgang 1958. Ab 1968 ging ich auf eine Klosterschule, die Insel Nonnenwerth, mitten im Rhein gelegen. Unser Schulweg war also mit „Böötchenfahren“ und regelmäßigen Wartezeiten direkt am Rhein verbunden. Zu Beginn meiner Schulzeit waren Hosen noch streng verboten. Ab 1970 wurden dann von der Schule Hosen erlaubt, damit wir beim Warten auf das Schulboot wärmer bekleidet sein konnten,. Allerdings geschah das in Etappen. Zuerst mußten wir uns in de Schule umziehen. Dann kam die Schulleitung auf die grandiose Idee, daß wir über den Hosen Röcke tragen dürften. Die Hosen mußten auch „gedeckte“ Farben aufweisen. Von dieser Möglichkeit machten wir natürlich ob der Optik eher selten Gebrauch. Aber so allmählich ab dem Anfang der 70ger Jahren wurden dann Hosen und auch Jeans salon- bzw. schulfähig.
    Aber diese Kleidervorschrifften haben uns bei unserem letzten Klassentreffen noch sehr zum Schmunzeln gebracht..

  22. Ich bin Jg.1957 und trug bereits im Kindergarten mitten im Ruhrgebiet ganz selbstverständlich dunkelblaue sog. „Nietenhosen“. Optisch waren das klassische Jeans mit geraden Beinen, das Material vermutlich Köper oder so was, wie bei den Arbeitshosen, die z.B. Handwerker tragen. Keine Ahnung, ob ich die auch in der Grundschule trug. In der weiterführenden Schule definitiv nicht, da wurde anfangs sehr darauf geachtet, eher wertige Kleidung zu tragen. Ab Klasse 1 waren aber im Winter Steghosen fast obligatorisch. Sie hießen bei uns ob ihres Materials „Lastexhosen“ und waren nicht wirklich beliebt, weil fast immer zu kurz, haptisch grenzwertig, aber eben wärmer als Kleider, und die Strumpfhosen waren i.d.R. auch zu kurz. Kleider/Röcke im Winter waren Standard bei Festen/Feierlichkeiten/sonntags. Ich hatte damals auch Knickerbocker aus Breitcord, die waren nicht unbedingt exotisch.

    Ca. 1968/69 kamen die ersten Röhrenjeans aus Cord (ca. 7/8 Länge) in Kombination mit Boots, die Jeans lange Zeit nur in den (US)-Herrengrößen in bestimmten Spezialgeschäften, die Boots im Zweifelsfall auch. Die Steghosen waren ab da Geschichte. Das war Befreiung! Die Hose an sich war immer selbständlich. Eltern taten sich mitunter aber schwer mit der neuen Mode; da wurde dann das Taschengeld gespart.

    Meine Mutter, Jg. 1928, trug lange Zeit nur Röcke/Köstüme, Kleider weniger. War bei 1,50 m evt. auch ein Figurproblem.
    Nachdem sie mit Mitte 70 nach einem Trümmerbruch im Fuß orthpädische Schuhe („Moonboots“) tragen mußte, stieg sie spätestens dann auf Hosen um und trug ausschließlich alle Variationen dieses großzügigen Schlupfmodells mit Gummibund, das es bisweilen auch auf Wochenmärkten gibt. Da mußten auch die Kurzgrößen noch geändert werden. Zu Hause trug sie übrigens bis zum Schluß gerne Leggings mit überhüftlangen (Strick-)Jacken; das hatte immer einen Hauch von Boheme …

  23. Danke für eure Geschichten, über jeden Erfahrensbericht freuen wir uns – der Post gehört mit zu den am häufigsten aufgerufenen in meinem Blog.

  24. Filmtipp für Freitagabend, 26. Mai 2017:

    http://one.ard.de/sendungen/sendung.jsp?ID=121454535
    Agatha Christie: Mörderische Spiele (5), Mord beim Schulfest

    Das ist möglicherweise die Wiederholung einer Sendung, die ich zufällig teilweise in dieser Woche gesehen habe.
    Eine französische Kleinstadt in den späten 50ern oder frühen 60ern. Die Kostüme sind per se interessant, aber da tragen junge Frauen auch selbstverständlich Jeans.

  25. Der berühmteste Hoseanzug Deutschlands
    Es war die Zeit von Kommunen, Blumenkindern und einer trügerischen Ruhe nach den 68er Studentenprotesten. In der Politik dominierten weiterhin „alte“ Männer mit chauvinistischem Weltbild die Regeln. So war der Aufschrei groß, als plötzlich Lenelotte von Bothmer Abgeordnete aus Hannover im Bundestag eine Rede im Hosenanzug hielt. Erst verschlug es den Herren und Damen die Sprache, dann brach an jenem 14. Oktober 1970 ein Sturm der Entrüstung los.
    Lenelotte von Bothmer setzte ein unübersehbares revolutionär Zeichen. Dabei war es egal, was sie da am Rednerpult sagte. Entscheidend war, was die 54-Jährige dabei trug. Die Mutter von sechs Kindern hielt als erste Frau im Bundestag eine Rede im Hosenanzug. Ihr damaliger Dress – beigefarbene Hosen, hochgeschlossene Kostümjacke – elegant und ganz bestimmt jenseits aller Anzüglichkeit und Würdelosigkeit machte den Krawattenkollegen parteiübergreifend klar, da kommt eine neue Ära auf sie zu. Frauen würden sich nicht mehr mit Feigenblattrolle in der Politik zufrieden geben, sie würden den Männern die politische Domäne streitig machen. „Die erste Hose am Pult!“, schrie ein empörter Zwischenrufer, als sie ihre Rede hielt. Carlo Schmid (SPD) wähnte die Würde des hohen Hauses verletzt, Bundestagsvizepräsident Richard Jaeger (CSU) sogar die Würde der Frau.
    Liselotte Funcke (FDP) war prinzipiell wohl auch bereit gewesen, die revolutionäre Hosenrolle zu übernehmen, fühlte sich dem Auftritt aber figürlich nicht gewachsen. Also übernahm die schlanke Hinterbänklerin Lenelotte von Bothmer Hosenamt – eine studierte Germanistin, die in Hannover als Museumspädagogin gearbeitet hatte und 1969 in den Bundestag eingezogen war. Bis 1980 blieb Lenelotte von Bothmer im Bundestag. Mehr als alle Schriften und Reden aber blieb das Bild in Erinnerung: Eine Frau, die mit Handtasche und Hosen am Rednerpult steht – und ganze Weltbilder ins Wanken bringt.

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