Textiles bei Liebermann

Max Liebermann - Free Period in the Amsterdam Orphanage - Google Art Project
Freistunde im Amsterdamer Waisenhaus
Amsterdamer Waisenmädchen im Garten
Nähschule (Arbeitssaal) im Amsterdamer Waisenhaus

Als Max Liebermann 1876 in Amsterdam unterwegs war, entdeckte er im Hof des Bürgerwaisenhauses die mit Näharbeiten beschäftigten Mädchen. Mit Erlaubnis des Waisenhauses durfte er dort Studien anfertigen, nach denen später größere Gemälde entstanden.

Wenn man erst einmal anfängt, textile Bildmotive bei Liebermann zu suchen, findet man schnell mehr. (Links jeweils durch Klick aufs Bild).

Flachsscheuer in Laren
Flachsscheuer in Laren
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Spinnende Kuhhirtin
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Stopfende Frau am Fenster
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Die Netzflickerinnen

Die Nähmotive waren mir zuerst bei zwei Bildern in der Liebermann-Villa am Wannsee aufgefallen:

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Die Bilder sind ein gute Erinnerung daran, dass Nähen, Spinnen, Stopfen, Flicken damals harte Frauenarbeit war.

Oder, in den höheren Schichten, nützlicher Zeitvertreib.

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Im ganz gehobenen Bürgertum durfte man sich aber auch ruhend und lesend sehen lassen.

Ruhende, lesende Frau

Die Villa ist immer einen Ausflug wert. Vor allem, wenn, wie in meinem Fall,  der Mann sich ein paar Häuser weiter einen Angelverein gesucht hat.

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Da kann man seine neuen Herrenschuhe bildungsbürgerlich spazieren führen und muss nicht beim Bootestreichen oder Madenaufspießen zugucken.

Jetzt noch mal eben Off-Topic zur GBSB (wer das Finale gesehen hat):

Die GBSB  trieb mich ja zu allerhand Verschwörungstheorien. Die erste Aufgabe in der letzten Episode belegte meine These, dass P die C nicht mochte.  Und glaubt ihr, dass bei der letzten Aufgabe alles mit rechten Dingen zuging? Glaubt ihr ernsthaft, H hätte so ein Kleid allein hingekriegt? Wieso durfte sie etwas vorher  zuhause Gebasteltes mitbringen? Wieso gab es da Heißklebepistolen? Glaubt ihr, am Rande bemerkt, dass die Teilnehmer wirklich nichts wissen, wenn Freunde oder Verwandte als Models kommen? Uswusf

Disclaimer:  Mein Gehirn war (bis zum Wannseeausflug) vor lauter Candy Crush und „Sanft und Sorgfältig“-Podcasts ganz zugeraucht, tut mir leid.  Jetzt bin ich wieder die Alte und langweile mit Kunstgeschichte.  In dieser Art habe ich noch 43 angefangene Posts in meinem Entwurfsordner, viel Spaß also.

Einen schönen Sonntag und bis bald!

21 Kommentare

  1. Ich freue mich schon auf die 43 anderen Posts! Das Bild der Spinnerin beim Kühe hüten finde ich besonders interessant: offenbar musste wirklich jede Minute genutzt werden, um die Textilproduktion für die Familie zu bewältigen. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass es auch üblich war, beim Gehen zu stricken, also z. B. für Marktfrauen die mit ihren Waren stundenlang zu Fuß in den nächsten Ort unterwegs waren. Es gab dafür spezielle Beutel für das Strickzeug, die am Gürtel getragen wurden.

    (Off topic: Man müsste das gemeinsam gucken, um gleich lästern zu können! Ich hatte den Eindruck, dass in dieser Staffel einiges dramaturgisch verändert wurde, um die Sendung spannender zu machen – man wollte m.E. nicht, dass es von Anfang an klar ist, wer gewinnt, wie beim letzten Mal.

    Tatsächlich habe ich schon am 4. März, nachdem ich die zweite Folge gesehen hatte, im Blog vorausgesagt, dass H gewinnen wird. Sie näht seit 30 Jahren für sich, und zwar so gut, dass ihre Freunde nichts davon wussten. Wenn das zwischendurch nicht nach Sieg aussah, dann war das mMn so hingedreht. Bei der letzten Aufgabe durften die Tn ja immer zuhause schon was vorbereiten, zuschneiden z. B., ihr Material besorgen, und sie hatten schon die Maße ihres Models. Mich hat viel mehr gewundert, wie man auf die dämliche Idee mit dem Klebstoff kommen kann – sie kann doch nicht ernsthaft geglaubt haben, damit durchzukommen? T hat sich strategisch vollkommen unklug verhalten, indem sie ein Modell entworfen hat, mit dem sie in der letzten Challenge garantiert den letzten Platz machen musste. Aber vielleicht war das abgekartet? Bei der ersten Aufgabe musste C scheitern, aber P hat ihr doch immerhin noch etwas mit der Anleitung geholfen. Die anderen hatten das auch noch nie gemacht, kamen aber mit der Anleitung zurecht.)

    • DAS ist natürlich des Rätsels Lösung. H wurde gebeten, sich aus dramaturgischen Gründen vorerst an Gummizugröcke zu halten. „I have to take more risks“ machte sie dann absprachegemäß erst im Finale wahr. und T hat das entweder alles mitssverstanden und es mit den risks übertrieben, oder alles durchschaut und mit dem letzten Kleid absichtlich Satire geliefert. Ein Abendkleid aus Krawatten wäre da auch eine gute Idee gewesen.

  2. Hallo Suschna,
    ich finde deinen diesen Post einfach grandios! Wunderbare Bilder und Zeitzeugen. Vielen Dank fürs Zeigen.
    Ich liebe dieses Tun, dieses Erzählen _ trotz aller damaligen Schwere …
    Ich bin so gespannt auf deine restlichen begonnenen Posts :)

    <3lichst grüßt und wünscht einen sonnigen Palmsonntag _ Gisa :)

  3. Vielen Dank für die schönen Liebermann Bilder. Ich fühle mich gleich viel entspannter (keine Ironie!). Erstaunlich, dass das heute entspannend wirkt – wie das wohl damals die echten Handarbeiterinnen empfunden haben, ob sie wohl jemals ein fertiges Bild gesehen haben? Denn entspannend war das ganz sicher damals nicht. So ein leichter Rückenschmerz stellt sich auch beim Betrachten ein, wenn ich so eine Weile zugucke.

    GBSB: Ja, also ich weiß auch nicht, wie viel da gemauschelt wurde. Vielleicht haben sie es so ja spannender gemacht, aber wenn dann nicht wirklich gut, denn sonst hätten sie Heather vielleicht vorher ja ein bisschen netter dargestellt – die große Sympathieträgerin scheint sie nun nicht gewesen zu sein (wobei ich sie völlig i.O. fand, immerhin halbwegs humorig, im Vergleich zu T. die zum Lachen wohl eher in den Keller geht). Nun ja. Es hat auf alle Fälle Spaß gemacht, zuzugucken und C wird hoffentlich noch was aus ihrer Begabung machen. Und die nächste Staffel guck ich auch, und die amerikanische Variante auch. Von mir aus könnten sie den Designaspekt ein bisschen höher werten, aber Geschmack ist ja sehr strittig. Ich sagte bereits – für eine deutsche Staffel möchte ich gerne KL in der Jury sehen. Bei twitter war noch Sarah Kuttner als Moderatorin im Gespräch, ich könnte mir auch Charlotte Roche vorstellen (vielleicht noch Bauerfeind).

    Achja, und das mit den Entwürfen und den tatsächlich realisierten Blogeinträgen. Ich warte noch auf meinen implantierten USB-Port, mit dem ich dann per Kabel alle meine geistigen Entwürfe mir nichts, dir nichts, auf den Rechner übertrage. (So wie bei „Real Humans“, der schwedischen Androiden-Serie). Schön und schrecklich zugleich.

    • Ja genau, es müsste automatische Gedankenumwandlung geben, irgendwas zwischen Reden am Tisch und Blogschreiben, freier und zugänglicher als Twitter u.ä.

  4. Bitte unbedingt weitere Kunstgeschichte-Posts! Dann kann ich mir vielleicht mein Seniorenstudium in einigen Jahren sparen. Mich überrascht, dass sich die Bilder stilistisch doch ziemlich unterscheiden (schön aber zu sehen, dass er mit Hauben geschmückte, nach unten schauende Frauenköpfe bestimmt im Schlaf malen konnte). Und herrlich auch dein letztes Foto mit Herrenschuhen und Villa. So lässt´s sich leben.
    Tja, ich bin wohl hier die einzige, die noch keine einzige Folge von GBSB geschaut hat… Spätzünder, wie immer.
    Liebe Grüße,
    Nastjusha

    • Haha, das Seniorenstudium habe ich quasi schon in mittleren Jahren absolviert. Da kann ich ja noch ein wenig dozieren:
      Das Impressionistische kommt bei den Bildern aus Amsterdam erst so langsam durch, und oft lagen zwischen Skizze und Ausführung Jahre. Daher die stilistischen Unterschiede. „Gemeinsames stilles Arbeiten“ war anfangs ein Grundthema, das ihn interessierte. Und ihm ging es z.B. beim ersten Bild eher um Licht, Schatten, Farben und Stimmung als um Sozialkritik (obwohl er wegen profaner Motive anfangs „Schmutzmaler“ genannt wurde). In späteren Jahren haben ihrn dann bürgerliche Szenerien mehr interessiert.
      Zu der zweigeteilten Kleidung der Mädchen hatte ich noch gelesen: Schwarz stand für die Trauer um Vater und Mutter, Rot für die Sorge der Bürger um die Waisen in ihrer Mitte.
      Edit: Das stimmt wohl nicht wirklich. Rot und Schwarz sind vielmehr die Farben des Wappens von Amsterdam, das passt.

  5. Danke für die schönen Bilder – ja, sie sehen tatsächlich alle entspannt aus. Handarbeit statt Meditation? Wobei das sicherlich damals kein Zucker schlecken war! – Von Candy Crush kann ich ja nur abraten! Hoher Suchtfaktor und absolut Sinnfrei ;)

    • Oh ja, ich rate auch sehr sehr ab. Zum Glück bin ich jetzt an Level 104 so dauerhaft gescheitert, dass ich es aufgegeben habe.

  6. Was zum Teufel ist GBSB – muss ich das kennen? Hört sich auf jeden Fall sehr spannend an. Die Schuhe sind enorm schön, Robert Clergerie? Von Candy Crush habe ich erst neulich einen kalten Entzug gemacht, bin aber inzwischen schon wieder voll drauf.

    • Ha, Clergerie für Arme, Maripe, 40 Euro runtergesetzt beim Schuhhof, da finde ich immer was bei den Restposten, weil da keiner mit meinem Geschmack hingeht und kauft.

  7. In die Villa möchte ich seitdem ich in Gotha m Kunsthaus eine Ausstellung über Liebermann sah. Da waren ganz viele Gartenbilder und die Geschichte der Villa an sich. Die netztflikcerinnen sind ja schon sehr bekannt. Die friedliche Ausstrahlung der Amsterdamer Waisenmädchen ist sehr schön,obwohl die sicher ganz viel hart gehandarbeitet haben.,aber sie mußten auch nicht minütlich kontrollieren wer sms geschickt hat , was sich bei facebook getan hat und auf sowas antworten.Unsere mediale Vielfalt kann auch ein Fluch irgendwie sein, auf alle Fälle mehr als Ablenkung .wahrscheinlich haben sich die WaisenHäuser mit den Handarbeiten sogar zum Teil finanziert, von Ausbesserungen bis zu Aufträgen. Mir ist noch nicht bewußt untergekommen, das Waisenhäuser komplett geschlechtlich getrennt waren. ich kann mir auch vorstellem, dass der Antrieb wirklich von den mädchen selsbt ein ziemlich großer war. je geschickter du warst, um so eher die Möglichkeit diese Stätte zu verlassen und eine Anstellung in einem Haushalr zu bekommen.
    Ich stehe mit GBSB auch total im Wald!

    Späte grüße kaze

    • GBSB steht für Great British Sewing Bee, Nähwettbewerb beim BBC. Siehe youtube. Hier ging es um das Finale der zweiten Staffel.
      Tut mir leid, sonst erkläre ich IMMER die Abkürzungen.

  8. Wenn´s nach mir geht, darfst Du ruhig mehr dozieren – je mehr man weiß, umso mehr sieht man.
    Aber mein momentanes Problem: alle GBSB-Staffeln ließen sich auf youtube finden, aber das Finale find ich einfach nicht! Hättest Du (oder irgendwer) bitte, bitte einen Tipp? BBC geht hier in D ja nicht.
    Vielen Dank und schönen Gruß
    Anna

    • Also, folgende Wege sind mir bekannt, wenn man BBC nicht über Kabel oder Satellit sehen kan: Youtube, Filmon (?) oder tubeplus. Dann gibt es add-ons für die browser, z.B. Anonymox bei Firefox, mit denen die Exilbriten BBC gucken.

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