Heckenrosen auf Seidenatlas – dieses Dekor auf einem Biedermeierkleid ist gemalt.
Genau in Augenschein nehmen kann man es im Museum Europäischer Kulturen in Berlin-Dahlem. Das wirklich ganz entzückende Kleid war vermutlich für die schwangere Friederike Struensee (erwähne ich nur, weil der Name so einen romantischen Klang hat) in Schöneiche bei Berlin gefertigt worden. Mit welcher Farbe da wohl gemalt wurde? Für mich sah es fast wie Ölfarbe aus, auf jeden Fall deutlich aufliegend und nicht mit dem Gewebe verschmolzen. Wurde vor oder nach dem Nähen gemalt? Ein paar mehr Informtionen habe ich auf der Homepage des Fördervereins gefunden, hier und hier, zur Bemalung aber nichts.
Bemalte Stoffe sind in der Textilgeschichte gut bekannt. Die meisten Beispiele habe ich für das 18. Jahrhundert gefunden. Hauptächlich handelt es sich um Baumwollstoffe, die entweder direkt aus Indien importiert wurden oder in Europa, vor allem in England und Frankreich, nachgeahmt wurden. Gemalt wurde mit Pigmenten und Beize. Grüntöne waren schwierig zu handhaben, daher wurde z.B. für Blätter zuerst eine blaue und dann eine gelbe Schicht aufgetragen.
(Detail aus einem Hausmantel für Männer)© LACMA
Bei dieser Robe à la Française wurde ein Blockdruck nachträglich bemalt:
©LACMA
Bemalte Seidenstoffe kamen aus China, mit Mustern nach dem Geschmack des Europäischen Marktes. Dazu wurde die Seide zunächst z.B. mit Alaun gebeizt, dann wurden die Umrisse mit Tinte oder Metallstift frei gezeichnet. Eine Untermalung aus z.B. Bleiweiß könnte erklären, warum die darauf aufgebrachten Farben nicht ins Gewebe verlaufen.
Kleiderstoff aus China, Seide bemalt mit Pigmenten, © LACMA
Im Victoria und Albert Museum wurde dieses farbenfrohe Seidenkleid aus dem Rokoko restauriert.
Details zur Restaurierung lassen sich hier nachlesen. Besonders haltbar war die Bemalung nicht. Die Farben trugen sich leicht ab, und ein Teil der Pigmente schädigte das Gewebe.
Interessante, ganz nahe Aufnahmen von bemalter Seide zeigt dieser Blogeintrag.
Natürlich juckt es mir in den Fingern, solche Bemalungen auch zu probieren. Man muss sich nur von der Idee verabschieden, dass das Dekor Waschmaschinenwäschen überstehen, besonders haltbar und angenehm zu tragen sein soll. Dann sind den Möglichkeiten eigentlich keine Grenzen gesetzt. Im Prinzip ist ja jedes auf Leinwand gemalte Bild Stoffmalerei.
Wie immer freue ich mich, wenn jemand mehr zu diesem Thema weiß oder mich auch bei den Fakten verbessern kann. Solche Themen sind ja im Internet nicht besonders gut abgedeckt, schon gar nicht auf deutsch.
(Ich glaube, heute abend muss ich „Die Königin und der Leibarzt“ gucken.)
Hi,
anscheinend gibt es feine Textilstifte in allen möglichen Farben.
Wäre das was für Dich? Erfahrung hab ich damit leider nicht.
Lieben Gruß
Simone
Ja, mit Textilstiften habe ich z.T. auch bei dem Delaunay-Rock gemalt. Aber einerseits sind sie mir nicht fein genug, andererseits geben sie auch keine kräftigen Linien. Danke für den Hinweis, vielleicht gibt es ja noch neue Produkte, muss ich mal schauen.
Gerade lese ich mich in die Pflanzenfärberei ein, dabei ist mir aufgefallen, dass früher viel Wert auf Lichtechtheit gelegt wurde, aber die Waschbarkeit der Farben zweitrangig war. Das deckt sich mit deiner Beobachtung, dass die gemalte Farbe aufliegt.
Früher wurde wenig gewaschen.
Kein Wunder, wenn man weiß wie mühsam ein Waschtag war.
Solche Roben wie du sie zeigst wurden sicher nur vorsichtig gebürstet.
Und mit Wertschätzung behandelt.
Ich glaube auch, dass mit der heutigen Chemie viel möglich ist, sicher halten die textilen Marker keine Ewigkeit, aber auch ein Verbleichen/Auswaschen hat ja den Charme des Vergänglichen.
Ich bin gespannt!
Da ich hier in Wuppertal ja quasi in der deutschen Textilwiege sitze, halte ich mal ein Ohr für dich auf, vielleicht gibts da ja was :-)
Deine gezeigten Beispiele sind außerdordentlich farbenkräftig und so schön. (das restaurierte sieht schon wieder nach film aus, weil irgendwie so bunt) Ich glaube, dass grundsätzlich Kleider nicht gewaschen wurden. Untergleidung und schürzenkleider , die man deshalb auch drüber trug,wurden gewaschen, alles andere gelüftet und gebürstet.Auf alle Fälle bei den Oberschichten.Da war das nicht das Problem mit der Bemalung, eher die Tragefalten, wie dein link auch zeigt.
Es gibt auch schon feine Textilstifte bzw feine Eddings, die sind doch permanent und halten 30°C-Wäsche ab.
Es ist so schade, dass man nie etwas über die Menschen, die soche geschaffen haben erfahren wird.
Ach das Thema ist faszinierend, ich habe auf dem Bernina-Blog einen interessanten Austausch dazu gelesen.
http://www.berninablog.com/2013/04/uber-die-schulter-geschaut-vom-foto-zu-quilt/
Gelobt wurden die Jacquard-Produkte, die allerdings in den USA bestellt werden müssen (Vorsicht Zollgebühren!!). Ich habe leider nicht mitbekommen, ob der Stoff nach dem Bemalen waschbar ist,
LG
Simone
Also, da sind ja wirklich viele Tips in den Kommentaren, toll. Da bin ich ja echt naiv an die Sache rangegangen. Vielen Dank!
Sehr interessant – wie die Herstellung dieser Stoffe wohl abgelaufen ist? Gab es dafür Manufakturen und so eine Art Fließbandarbeit, oder waren das alles Einzelslücke von einem einzelnen Kunsthandwerker? Schade, dass man über sowas so relativ wenig weiß.
Die Frage, ob etwas waschbar ist, ist allerdings auch die erste, die ich mir immer stelle, und dadurch fällt dann schon vieles weg, was man in der Stoffgestaltung ausprobieren könnte. Bei den Seidenroben aus dem 17./18. Jh sind oft die Kanten von Rüschenbesätzen und Volants gar nicht gesäumt, nur ausgestanzt – sowas kam nicht mit Wasser in Berührung und wurde auch nur relativ selten getragen, zum Repräsentieren.
An solchen Fragen bin ich gerade wieder dran, schrecklich, ich müsste eigentlich was ganz anderes machen. Bei google books eben über exquisite bemalte Baumwolle aus Indien gefunden: „the best wrought all with pensil and with such durable colors, that not withstanding they bee often washed, the colours fade not whilst the cloth lasteth“, Bericht aus dem frühen 17. Jahrhundert.
Für die Seide gilt das sicher nicht. Wenn man vor dem Biedermeier-Kleid steht ist einem klar, dass das wohl kaum getragen und höchstens mal sanft gebürstet wurde.
Spät, aber doch, weil ich erst noch mit den Kolleginnen aus Berlin sprechen wollte: Beim Kleid der Friederike wurden keine Analysen zu Schichtenaufbau und Malmaterialien gemacht, von daher ist die Frage der genauen Technik so nicht zu beantworten, da es einfach ungeheuer viele Varianten gibt. Waschbarkeit war für Oberbekleidung der Gesellschaftsschichten, in denen solche Kleidungsstücke getragen wurden übrigens kein Thema. Gewaschen wurde nur Unterkleidung.
LG, Bele