Frisch zurück aus der Ausstellung Fashioning Fashion im DHM hier in Berlin habe ich mich gleich ins Netz gestürzt für weitere Recherchen. Waren wir doch an so vielen Details hängen geblieben, die es zu erinnern galt! Und siehe da, über das Fotografierverbot in der Ausstellung muss man nicht traurig sein: Wie erhofft sind die Leihgeber der Ausstellung, die Californier beim LACMA (Los Angeles County Museum) großzügig mit ihrem Urheberrecht. Viele der Exponate gibt es in der Online-Collection des Museums frei zur Verfügung. Bis ins allerkleinste Detail kann man zoomen. Download ist auch möglich, die Bilder sind im Schnitt 10 MB groß! Das war mir dann doch zu viel, so dass ich hier nur ein paar Bildschirmausschnitte zeige.
Diese roten Zacken an der Krinoline zum Beispiel hatten es mir angetan, natürlich kam ich in der Ausstellung längst nicht so nah heran. Man sieht sogar die Nähte!
Das folgende Kleidist über und über mit Kettstich aus Seidenfäden bestickt – und zwar vor dem Zuschneiden! Wie man an den Nähten sieht, wurde die Stickerei dann einfach schnöde abgeschnitten. Oh Sünde.
Beim nächsten Kleid ist das Muster gedruckt, die Blätter auf dem ganzen Kleid sind dann aber mit einer gelben und einer Indigo-Schicht bemalt, um einen Grünton zu erzeugen.
„Fly Fringes“ an einem Täschchen. Das sind geknotete und zum Teil aufgeschnittene Seidenschlaufen, die dann den Fliegen-Effekt ergeben. Diese Anhänger wurden aber eher nicht in Heimarbeit erstellt, wie die Knoten in meinem vorherigen Beitrag, sondern waren Profiarbeit von Posamentenknüpfern.
Herrenmode gibt es auch viel zu sehen. Und bei dieser Weste haben wir uns daran aufgehalten, dass der Taschenbesatz links im Bild gar nicht so schön ins Muster passt wie rechts – was war denn da in den Schneider gefahren?
(Nachtrag 23.7.12: Die Links zu den Bildern habe ich herausgenommen, weil sie nicht mehr funktionieren. Wenn man aber die Stichwörter der Bilder in das Suchformular des Museums eingibt, kommt man zu den Aufnahmen). (Nachtrag 18.1.13: Über die normale Suche kommt man nicht mehr zu hoch auflösenden Bilder, aber über diesen Link sind noch eine Reihe von Objekten im Detail zu betrachten. Nachtrag 9.8.13: Die allgemeine Suche funktioiert wieder. Man sieht, ich bleibe am Ball!)
So fachsimpelten wir Laien uns durch die sehr schöne Ausstellung. Viele der Exponate sind in so makellosem Zustand, dass man sich fragt, wie diese reich verzierten und komplizierten Gewänder die Jahrhunderte derart unbeschadet überstehen konnten. Oft sieht man noch nicht einmal Tragespuren. Kurz dachten wir auch an eine asiatische Fälscherwerkstatt, aber es wird schon alles seine Richtigkeit haben und die Restauratoren haben heutzutage sicher ungeahnte Möglichkeiten.
Eine sehr sehr sehenswerte Ausstellung, die noch bis zum 29. Juli 2012 läuft.
Danke auch an das LACMA für die Freigabe der Fotos zum Wohle der Allgemeinheit. In letzter Zeit diskutiere ich ja viel herum was die Piraten-Urheberrechtsdebatte angeht. Oft kann ich nicht begreiflich machen, was aus meiner Sicht beim Urheberrecht schief läuft. Dies hier wäre dann mal ein Beispiel: Das Museum kommt seinem Bildungsauftrag nach und freut sich, wenn die Abbildungen der Exponate verbreitet werden – dabei wurde die Sammlung noch nicht einmal mit Steuergeldern erworben, sondern über private Geldgeber.
Ich wünschte, die Institutionen hier bei uns kämen auch irgendwann auf diese Spur, statt ihre Katalogverkäufe im Blick zu haben (oder was es sonst für Gründe geben mag, die Verbreitung von Abbildungen zu untersagen).
Falls ihr es schaffen könnt: Viel Spaß in der Ausstellung und berichtet mal, wie es euch gefallen hat.
Nachtrag: Noch einen Ausstellungsbericht findet ihr bei Wortmeer.
Oh, was fuer ein schoener Beitrag. Ich freue mich auch immer, wenn solche Bilder der Oeffentlichkeit zugaenglich gemacht werden. Habe mich gerade mit Begeisterung in die Korsetts reingezoomt und werde mir die Seite morgen mal ganz in Ruhe ansehen. Wenn ich schon nicht kommen kann, ist es fast genauso schoen, mir die handgeaehten Saeume virtuell aus der Nahe anzusehen.
Danke, das möchte ich unbedingt schaffen und gehört hatte darüber bislang noch gar nicht. Für manche Ausstellungen werden große Werbetats ausgegeben und von einigen hört man nur duch Zufall.
Bisher kannte ich nur Bücher die „Mode im Detail“ vom V&M und dachte zuerst du stellst ein solches vor beim Lesen des Posttitels.
Detaillierte Grüße
KaZe
Oh, toll, was es da alles gibt! Von dieser Präsentation könnten sich deutsche Museen al was abgucken. Das Magazin zur Ausstellung hat übrigens u. a. einen Artikel über Textilrestaurierung – die Stücke haben durchaus Flecken und Schäden. Wahrscheinlich ist der Ausstellungsgestalter so berühmt, weil er die Sachen so präsentiert, dass sie wie neu aussehen! Ich hab jetzt noch nicht alles gelesen und bringe das Heft bei nächster Gelegenheit mit.
Oh, toll! Da geh ich gleich mal genauer gucken. Das mit der Weste finde ich auch äußerst irritierend.
Da können sich andere Museen wirklich mal eine Scheibe abschneiden – so stelle ich mir sinnvollen Umgang mit Kulturgut nämlich vor.
Eine tolle Ausstellung. Ich war auch schon dort: http://wortmeer.wordpress.com/2012/05/19/ausstellung-fashioning-fashion/
Aber dass man die Kleider im Detail online findet, wusste ich noch nicht. Vielen Dank. Toll, dass man die Fotos dort zur Verfügung gestellt bekommt. In Deutschland ist mir ein vergleichbares Beispiel nur vom Bundesarchiv bekannt. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,594434,00.html Auf diesem Gebiet gibt es wahrlich noch viel zu tun.
Liebe Grüße, Doreen
Noch ein Grund mehr, im Sommer mal nach Berlin zu fahren.
:)
Danke für den ausführlichen Bericht und den Link zu den Bildern- das ist großartig gemacht. Museen sollten ja allgemeinbildend sein und nicht abgehoben elitär. Da könnten sich so manche Ausstellungsmacher hierzulande eine Scheibe abschneiden.
[…] Vor allem fand ich die Akton ziemlich mühevoll, allerdings war ich da noch nicht in der Modeausstellung gewesen, die ja zeigt, was mühevolles textiles […]
Lieben Dank für die Verlinkung und die Infos bzgl. der Handschuhe.
Ich finde die Ausstellung im Nachgang noch viel, viel interessanter durch den anregenden Austausch und die neuen Informationen sowie Sichtweisen.
Ja auch gerade zurück aus der sehr sehenswerten und gut aufgestellten Ausstellung.
Aber eben hier deinen Beitrag muss ich sehr loben, weil ich anhand deiner Links nochmal Vieles nachgucken konnte. Das ist prima, denn in der Ausstellung einen 8 min Film ansehen, fällt schon mal schwerer oder zu ungeduldig. Das hat im Nachklapp dann richtig Spaß gemacht und nochmal den Panomramarundgang und die Details angeguckt. Und nun immer vor Augen, was echte knifflige Handarbeiten sind und trotzdem häkel ich dann schnell weiter an meinen Stoffbändern- Teppichen mit Nadelstärke 10 und husch- fertisch iss er….im Neuzeitgalopp eben.
lg Carmen
leider sind die fotos bei Lacma anscheinend nicht mehr verfuegbar :( Schade!
Sie sind noch da, man muss nur anhand der Titel der Bilder mit dem Suchformular des Museums danach suchen. Die Links bei mir funktionietren nicht mehr, ich habe sie herausgenommen.
Danke für den Hinweis!
[…] Fashioning Fashion in Berlin. […]