Jahrbücher von US-Highschools und Colleges in den Flickr-Commons zeigen sehr schön, wie sich die Frauenkleidung im letzten Jahrhundert entwickelt hat. Als Beispiel habe ich Basketballteams in Nordamerika herausgesucht, die über eine Zeitspanne von 1903 bis 1979 posieren. Die jeweilige Jahreszahl steht netterweise oft gleich auf dem Ball.
Dieses Foto liebe ich besonders. Hier noch ein Ausschnitt:
Die Sportlerinnen in den USA tragen schon um die Jahrhundertwende Pumphosen, Bloomers genannt. Die weiten Hosen gehen auf die amerikanische Frauenrechtlerin Amelia Bloomer zurück, die seit 1851 Reformkleidung für Frauen propagierte.
1909 via
Interessanterweise gilt der Pluderhosendress aber offenbar nicht für alle Schulen. In einem College in New Orleans trugen die Basketballerinnen noch bis mindestens 1913 lange Röcke.
Die Bilder zeigen sehr schön, wie sehr man sich vor Generalisierungen hüten sollte. Nur weil ein Foto irgendwo in der Welt eine Frau in einer bestimmten Kleidung zeigt, heißt das noch lange nicht „ab dem Jahr X trugen Frauen Y in der Z-Form“. Wie heute war Mode immer ein schleichender Prozess, ganz unterschiedlich ausgeprägt je nach Region, Alter und Bevölkerungsschicht.
Spezielle Basketballschuhe für Frauen wurden 1907 angeboten:
1917 hat das College in New Orleans dann auch die Bloomers eingeführt…
1917
1918
… und hängt 1925 der Entwicklung wieder hinterher, denn zur gleichen Zeit werden in Kanada schon Shorts getragen:
Für die Folgejahre ist in den Commons nicht mehr so viel zu finden, das hängt mit dem Urheberrecht an den Fotos zusammen. Aber Shorts und Shirts setzen sich im Sport offenbar durch.
1953
1967
Die letzten beiden Fotos sehen wie Rückschritte im Sportlook aus, auch sehr interessant. Aber ob es repräsentativ ist? Dazu bräuchte es mehr Material.
1978/1979 geht es dann weiter in die heutige Richtung:
Jetzt könnte ich schon fast in das Fotoalbum meiner Jugendzeit überwechseln, der Kreis wäre geschlossen.
Dieser Beitrag sollte ursprünglich zur Rubrik Bilderfang im freien Netz – #Gemeinfreitag gehören, denn bei den Flickr-Commons steht unter jedem Bild: „no known copyright restrictions“. Die teilnehmenden Institutionen wissen und akzeptieren das eigentlich. Wenn man dann aber zu der jeweiligen Bildquelle geht, sieht die Sache plötzlich oft ganz anders aus, die Weiterverwendung wird beschränkt. Für Nutzer wie mich ist es nicht möglich, diese widersprüchliche Haltung jeweils zu recherchieren. Daher sind das hier vielleicht gemeinfreie Bilder, vielleicht auch nicht – für #Gemeinfreitag sind sie jedenfalls nicht geeignet.
Dennoch ist die Sammlung hoffentlich ohne Verbiegungen zu genießen!
Ich bin gerade ganz fasziniert von diesem Thema, an das ich bisher noch nie auch nur einen Gedanken verschwendet habe! Allein die Vorstellung, dass irgendjemand einmal durch einen langen Rock behindert Basketball gespielt haben soll, erscheint mir komplett absurd. Sehr spannend zu sehen, wie die Röcke immer kürzer wurden bzw. durch Hosen ersetzt. Was sich zwischen den Bildern 1913 und 1936 getan hat, ist schon sehr beachtlich, in nur rund 20 Jahren! Danke für diesen erstaunlichen Einblick. lg, Gabi
Die Shorts von 1940 sind für die USA ziemlich freizügig, finde ich. Auch interessant, das sie dann wieder länger werden. (Wie von dir auch bemerkt) Danke für die interessante Recherche! Habe auch das Hosen-Interview mit deiner Mutter gelesen. Ich werde meine dazu auch mal interviewen und berichten… Grüße
Im Heubacher Miedermuseum sind auf Bildern tennisspielende Damen mit Korsett und Absatzschuhen zu sehen. Unglaublich, aber da stand vermutlich eher das Event als der sportliche Wettkampf im Mittelpunkt. Das ist bei deinen Schulmannschaften sicher anders.
(Korsetts wurden damals übrigens von allen Schichten getragen, vor allem auch im Beruf wenn Frauen mit Männern zusammengearbeitet haben. „Wäscherinnen haben das Korsett dann halt nicht so eng geschnürt“ meinte die Kuratorin.
Und zu deiner Frage von neulich mit den Kleidern für dicke Frauen- die gab es damals eher selten. Die Armen hatten eh wenig zu essen und die Reichen haben sich willig dem Wespentaillendiktat unterworfen. Zumindest bis zu einem gewissen Alter. )
Danke für die Info! Korsett ist so ein weites Feld, in den Ferien werde ich mir mal ein Buch dazu vornehmen, da freue ich mich schon drauf. Außerdem behalte ich das mit den dicken Frauen mal im Auge und sammle Bilder dazu.
Das ist ja eine tolle Serie, nur gut, dass man in den USA schon so fotoverrückt war. Hier gab es die Gruppenfotos erst in Masse mit der Weimarer Republik, glaube ich. Ich könnte mich amüsieren über die Frisuren der ersten Bilder. Die Canadische Truppe sieht sehr schick aus,oh lala!
Sportliche Grüße von Karen, die leider kein einziges Sportdokument ihrer Schulzeit hat
Es ist so schade, dass die deutschen Archive bisher so zurückhaltend sind, ihre Bilder freizugeben. So wird nun die nordamerikanische Geschichte aufgearbeitet (dazu gibt es ja viele Blogs), die hiesige aber nicht.
Ich habe in den 90er Jahren in Indien im Schulteam Basketball gespielt. In einem weißen Faltenrock mit Shorts drunter. ^^ Das war auch das Outfit für alle anderen Sportarten, z.B. Karate und Weitsprung.
Interessant finde ich ja die Hochsteckfrisuren, ob die beim echten Spiel gehalten haben?
Vielen Dank für die Info – das war dann sicher eine noch lang verbliebenes britisches Relikt. Interessant! Die Haare finde ich auch bemerkenswert, auf dem Foto mit dem Spiel scheinen einige ja auch Bänder oder Tücher um den Kopf zu haben.
Bisher kannte ich nur alte Fotos von Tennisspieler_innen im Anzug bzw. langem Kleid und Filme von Eiskunstläuferinnen in langen Röcken.
Ich hatte eine Klassenkameradin, die immer nur Hosen trug, außer beim Tennisspielen, da musste sie Röcke tragen, sonst wäre sie vom Platz verwiesen worden. Das war in den 1980er Jahren!
Vielen Dank für diese spannende Studie!
Herzliche Grüße,
Henriette
[…] dem Kopf. Dieser puffige Look hielt sich ab 1890 über zwanzig Jahre, wie man sehr schön bei den Baskteballteams sehen […]