
Heute wieder ein gemeinfreier Freitag, mit einigen Bilder aus französischen Modemagazinen vom Anfang des letzten Jahrhunderts.

Ab 1912 wurden in Paris mehrere Luxus-Modemagazine publiziert. Das bekannteste war die „Gazette du Bon Ton„, ein anderes „Modes et Manières d’Aujourd’hui„. Die sehr hochwertig gestalteten und auf edlem Papier gedruckten Magazine richteten sich an die wohlhabende und kunstinteressierte Oberschicht. Die Illustrationen in den Magazinen stammten von bekannten Art-Déco-Künstlern (hier z.B. George Lepape, George Barbier). Die Magazinmacher erhoben Mode zu einer weiteren Form der Kunst – ein Teil der gezeigten Kleider waren reine von den Illustratoren erdachte Fantasiemodelle.

Heute sind die Ausgaben gesuchte Sammlerstücke, weil die farbigen Illustrationen in einem aufwendigen Prozess einzeln handkoloriert wurden. In Werkstätten trugen die „Coloristes“, meist Frauen, auf jeder einzelnen Farbtafel mithilfe von Schablonen viele Farbschichten übereinander auf. „Pochoir“ heißt diese Technik. Das Ergebnis waren besonders leuchtende Farben und eine erhabene, strukturierte Oberfläche.

Die Auflagen der Magazine betrugen daher auch nur 300 bis 2000 Stück und die Ausgaben waren entsprechend teuer – im heutigen Gegenwert hätte eine Exemplar mehrere hundert Euro gekostet.

„Jetzt erst recht“ war das Motto.

Kriegsbedingt wurden die Produktion dann aber doch weitgehend eingestellt. Nach dem Krieg brachte Modes et Manières d’Aujourd’hui eine Sonderausgabe heraus, in der Gedichte zu Kriegsthemen illustriert wurden.
Auch hier wirken die Szenen noch dekorativ – die Texte dazu sind bedrückender.
Der Soldat auf Urlaub spürt schon, dass die Zeit „der alte Geier, mir die Leber ausreißt“.
Nach Kriegsende ist der Herr wieder im Haus und darf sich zivil kleiden.

Mir haben es die Bilder, die leuchtenden Farben, die Muster sehr angetan. Ich musste an heutige Zeitschriften wie die Vogue denken – in den Fotostrecken geht es auch nicht darum, Anregungen für Kleidung oder Sonstiges zu bekommen. Es geht allein um schöne Bilder, die vielleicht noch eine poetische Geschichte erzählen.

Diese Schlangenfrau küsst die Äpfel.
Und ihr, lasst euch nun schön die Füße küssen.

Wer ganz genau wissen will, wie „Pochoirs“ gemacht wurden, kann hier auf französisch nachlesen: Art au Pochoir, 1925.

Quellen: Gazette du Bon Ton 1912-1913 , Gazette du Bon Ton 1914 Teil 2, Modes et Manières d’aujourd’hui, 1912 , Modes et Manières d’Aujourd’hui 1914-1919.
Nachtrag: In den Kommentaren hat Karen eine weitere Modeillustratorin aus dieser Epoche empfohlen: Mela Köhler von den Wiener Werkstätten. Hier zwei ihrer Entwürfe. Beim Metmuseum.org findet ihr noch weitere Werke Mela Köhlers.
1912
Quelle: Metmuseum.org
1911
Ein feiner Freitag, eine Beitrag ganz nach meinem Geschmack:George le pape war der „Held“ unseres Professors, wenn es um Modegrafik ging. Er war mit einer Französin verheiratet und hatte bereits Bücher,von denen wir träumen durften. Toll, dass du gerade Pochoir erwähnst. diese Technik war mir in der Ausstellung der Kunstbibliothek aufgefallen und ich kannte den Namen bisher nicht, vermutete so eine Art Siebdruck. Das Recherchieren hat es dann ähnlich bestätigt.Die Frabzusammenstellungen finde ich oft sowas von genial! Ich bin Fan von Mela Köhler aus Wien.Originale haben einen hohen Sammlerwert, selbst alte Postkarten von ihr sind heftig. Insgesamt bedauere ich, dass diese Kultur der Modeillustration ,im weitesten Sinne ,durch die Fotografie ziemlich zum Erliegen gekommen ist. Farbig illustrierte Grüße schickt K.
Ach wie schön! Ich mag diese Bilder seit ich vor einiger Zeit bei der Suche nach geeigneten Vorlagen für Lavendeldruck darauf gestoßen bin. Mela Köhler habe ich gleich recherchiert: fantastisch! Danke fürs Zeigen und für deine Ausführungen.
LG
Siebensachen
Weils so schön ist, habe ich Mela Köhler noch angefügt. Danke für den Tipp.
Tolle Illustrationen, danke für’s Zeigen und die Links zu mehr davon.
LG Ute
Oh, ein richtiger freitaglicher Augenschmaus. Wie schööön.
Besonders gefallen mir die Schlangenfrau und die Frau mit dem Schwein. Ansonsten ist es schon interessant, dass selbst die Schrecken des Krieges noch modisch dargestellt werden wie in der Lazarett-Szene. Nach dem Krieg sind die Soldaten dann ja wieder ganz entspannt – als hätte es Verdun nie gegeben. LG mila
[…] Modemetropolen Berlin, Wien, und Paris. Im französischen Teil gibt es einige der Grafiken, die ich hier gezeigt habe, im Original zu sehen, da habe ich mich natürlich […]