Unbekanntes Strickobjekt

RP-T-1959-185
Portret van een dame met breiwerk, 1799

Lucy hatte beim letzten Blogeintrag gleich gefragt: Was hält die holländische Strickerin da  in der Hand?

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Mir war dieses längliche Holz(?)stück gar nicht aufgefallen. Es sieht nach zwei Stäben aus, die am unteren und oberen Ende zusammengefasst sind, und auf die man evtl. noch eine Kappe stecken kann (das Röhrchen auf dem Tisch).

Zuerst dachte ich an einen Behälter für Stricknadeln. Aber dann kam die Miss Marple der Handarbeitsrätsel in mir durch.

Ich glaube, der Stab ist ein Utensil zum schnelleren Stricken bzw. Einhandstricken, im Englischen „knitting stick“ oder „knitting sheath“ genannt.  Auf Niederländisch wäre es ein „Breischede“.

Quelle

In den Stab konnte man vorn die Stricknadel einstecken und so die Nadel verlängern. Der Stock wurde rechts in den Gürtel oder das Schürzenband (oder unter die Achsel?) gesteckt und es war möglich, sehr viel schneller oder sogar nur mit einer Hand zu stricken.

Das geht wohl nur, wenn man nach der englischen/französischen/niederländischen Methode strickt, d.h. den Faden von rechts über die Nadel werfen kann.

Früher strickten ganze Familien nebenher zum Broterwerb, da waren solche Hilfsmittel wie knitting sheaths/sticks willkommene Erleichterungen.

Wensleydale Knitters, The Costume of Yorkshire, 1814   Quelle

Die Holz- oder Metallstöcke wurden gern kunstvoll verziert und als Geschenk gegeben.

Bei der holländischen Bürgerin bin ich mir nicht ganz sicher, warum ihr Stab doppelt gelegt zu sein scheint. Vielleicht gab es zwei Öffnungen, für verschiedene Nadelstärken? Oder es wurden zwei Hölzer so zusammengehalten, dass in den Spalt dazwischen die Stricknadel geschoben werden konnte. Es gab z.B. auch Halterungen aus festgeschnürten Strohbündeln.

Aber vielleicht sieht man auf dem Bild am Ende doch nur ein Behälter zum Aufbewahren von Stricknadeln. Wer weiß. Hinweise und Ideen sind wie immer sehr willkommen!

Mehr Info auf deutsch findet ihr bei WockenSolle, die auch schon das Stricken mit dem Stab probiert hat.

Das historische Stricken mit vier Nadeln und Sheath sah wohl so wie in diesem Video aus. Wie es möglich ist, mit vier Nadeln und nur einer Hand zu stricken, sieht man hier.  Heute ist das für Schlaganfallpatienten interessant.

Annekata hier hatte auch schon einmal über das Thema geschrieben.

Und zum Abschluss noch Beifang: Ein Bild von einem strickenden Hirten.

sheperdQuelle

8 Kommentare

  1. Hach, da öffnen sich ja Strickwelten! Das ist ja wirklich interessant, was du ausgekramt hast. Um kompliziert sieht das schon aus – und auch schwierig, so mit dem Stock unterm Arm … aber sehr hilfreich für die, die wohl nur mit einer Hand können.
    Danke für diesen wunderbaren Beitrag. :)
    Liebe Mittwochgrüße! Gisa

  2. Ich möchte noch etwas Klärendes zu meiner Person schreiben: Wenn du auf das ‚liiivv‘ klickst, bringt es dich zu einer ‚toten Seite‘. Aber bei Worpress kann ich nicht anders kommentieren. Mein Blog ist der: livsleben.blogspot.com – :-). Das nur zur Aufklärung. LG.

  3. Das ist ja echt interessant!
    Da dort auf dem Tisch noch die Nadel und die Kappe liegen, hört sich das mit dem Dazwischenklemmen für mich sehr plausibel an.
    Bei dem Schäfer muss ich irgendwie an einen Cyborg aus dem Sciencefictionbereich denken.

    Beste Grüße Christoph

  4. Das ist ja wieder sehr interessant was die Handarbeits-Miss Marple herausgefunden hat.Da ich oft mit vier Nadeln stricke, kann ich mir gerade nicht vorstellen, dass diese Verlängerunggeschichte Eerleichterung bringt.Dass man allerdings dadurch einhändig stricken kann, ist erstaunlich, obwohl es sehr mühsam aussieht und lange dauern muß, ehe da ein Strumpf fertig ist. Aber der Weg ist das Ziel.
    Strickende Mänbner muß es öfters gegeben haben, ich las schon mal darüber. leider weiß ich icht mehr wo.Wie man dann mit dem Strickzeug auf Stelzen den Schafen hinterstakt, würde ich ja gern mal sehen.
    Nnadelgrüße von kaze

  5. Danke für diesen interessanten Post. Noch eine Sache, die ich noch nicht kannte und noch lernen kann. Fetzt! :-)

    ich mag deinen Blog sehr!
    Eine bis jetzt stille Mitleserin

  6. Das könnte natürlich sein, dass es so eine Stricknadelhalterung ist, auch wenn die erhaltenen Beispiele schon erheblich anders aussehen als die Abbildung. Aber vielleicht es wie so oft bei alten Gebrauchsgegenständen: erhalten bleiben vor allem die guten Sachen, die sehr geschont wurden, und die normalen Stricknadelverlängerungen für jeden Tag warf man irgendwann einfach weg. Eine andere Idee (oder überhaupt eine Idee), was das sonst sein könte, habe ich nämlich nicht.
    Das Stricken mit einer fest fixierten Nadel und einer, die bewegt wird, ist meines Wissens in Irland und Schottland nicht unüblich – ich habe das mal gesehen, da strickte die Strickerin mit langen Jackenstricknadeln und klemmte sich die linke Nadel links unter die Achsel, Spitze nach vorn gerichtet, und strickte dort mit der anderen Nadel ab.

    • Ah, gerade erst gesehen, dass das Stricken mit unter dem Arm eingeklemmter Nadel auch in dem englischen Zitat bei Wockensolle erwähnt wird. Genau so kenne ich das auch.

  7. Ich habe auch mal jemanden mit langer Nadel unter dem Arm stricken sehen (im Zug, ist aber Jahrzehnte her) und ärgere mich heute noch, dass ich da nicht genauer nachgefragt habe, damals. Ich meine, die Dame sagte, dass man so in Spanien strickt. Die Aufmersamkeit aller Mitfahrenden war ihr sicher.
    Ob das wohl für Halbseitengelähmte irgendwie tauglich ist? Wäre evtl. hier eine Option, aber wohl eher in ein paar Jahren, optimistisch betrachtet. Wir sind schon am Häkeln gescheitert, seufz. Ist echt nicht einfach, wenn man die Finger nicht unter Kontrolle hat, allein die Fadenspannung… da merkt man mal, was die Finger so leisten bei der Handarbeit. Tippen am Computer geht nämlich ;)
    Spannende Recherche, mal wieder!

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