Das Glück hängt an einem Faden…

   …    „le bonheur tient à un fil“,  sagt Léa Stansal,  Ikone der überbordenden Stick-, Häkel-, Patchwork- und Quiltszene in Frankreich.

Vogel aus dem Buch "La Trousse à Couture" von Léa Stansal

Seit ich vor drei Jahren eines ihrer Bücher in Frankreich entdeckte, bin ich Teil ihrer großen Anhängerschar.  Ihr Einfallsreichtum ist ungeheuer, die Phantasie und die Sicherheit, mit der sie ihren eigenen Stil weiterentwickelt ist mitreißend. Inzwischen gibt es vier Bücher von ihr, alle auf französisch (nur eines ist gerade auf japanisch erschienen).  Auf jeder Seite dieser Bücher öffnet sich eine kleine Wunderwelt.

aus "Le Monde de Léa" von Léa Stansal

Man muss das mögen. Hier in Deutschland ist die Reaktion auf ihren Stil meist:  „Nein, das ist mir zu viel“.  Wir sind hier (zur Zeit?)  etwas nüchtern-nordischer eingestellt. Insgesamt fällt mir in Frankreich – besonders auch bei den französisches Blogs – auf, dass die verspielten, barocken, verwunschenen, märchenhaften Dinge viel beliebter sind als hier.

aus „Le Monde de Léa“ von Léa Stansal

Eigentlich ist meine Theorie, dass das mit dem Katholizismus zusammenhängt.   Nun aber habe ich gerade gelesen, dass Léa Stansal einer jüdisch-polnischen Familie entstammt – hier wirkt also wohl eine sehr fruchtbare Gesamtmischung.  Außerdem ist sie in Japan sehr beliebt, das passt auch nicht so ganz zu meiner Theorie.

Ihre Fans in Frankreich haben für sie inzwischen einen Blog organisiert, der gerade online gegangen ist:

Hier noch drei Sachen aus meiner Werkstatt, die ohne Léa Stansal sicher so nicht entstanden wären.  Nur ein Trillionstel ihrer Schaffenskraft steckt darin, und doch, mehr war nicht drin. Eigentlich vielleicht o.k. so, denn Leute, die Léa ganz gut nachmachen, gibt es inzwischen jede Menge. Eine, die darüber ihren eigenen Weg gefunden hat, ist 400 Coups – noch so eine Wunderwelt. 

 „il faut apprendre à désapprendre…“    –    Man muss lernen, zu verlernen….

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12 Kommentare

  1. Aha, davon hatte ich ja noch nie etwas gesehen/gehört. Schade, dass ich kein Französisch kann – aber die Bilder sind ja auch sehr eindrücklich. Was für eine überbordende Fantasie! In irgendeinem meiner Handarbeitsbücher gibt es ein paar Bilder von historischen Patchwork- und Stickarbeiten, daran erinnert mich das ein wenig. Faszinierend – ich könnte das nicht, es wäre nicht mein Stil, aber mir gefällt das gut. Deine Kunstwerke gefallen mir sehr gut, insbesondere das Täschchen. Ach, und auch der Anhänger. Und die Kette ;)

  2. 2. Nachdem ich jetzt etwas länger auf „Leas Welt“ herumgeblättert habe (die webseite), stelle ich fest, dass ihre Arbeiten eine Kunstausstellung verdienten. Und ich würde mir das gerne dort in natura ansehen. Tja, Kuratorin müsste man sein.

  3. Ich frage mich immer, ob es nicht doch eine Nische in D. für solche Bücher gäbe und ob die paar Verlage, die es gibt, nicht einfach zu groß und unbeweglich sind. Dafür bringen sie ja z. B. sehr viele Bücher heraus, die mich überhaupt nicht ansprechen, aber anscheinend andere Leute. Bestünde die Lea-Stansal-Nische hierzulande denn wirklich nur aus drei Personen? Den Eindruck, dass Verspieltes in Frankreich besser „geht“ habe ich allerdings auch, man sieht das auch in den frz. Nähblogs, da wird viel appliziert, aber ganz und gar nicht so kindlich-kindisch und bunt, und die Teile dann mit den H&M-Sachen kombiniert, die wir hier auch kriegen. Trotz Globalisierung sieht das dann ganz anders aus also bei uns (aber ist meistens ja auch ohne Jeans und auf jeden Fall ohne praktische Sport/Trekkingjacke…)

  4. Es tut sich ein neues Feld meiner Blogsurferei auf, oh je.
    Bislang schnupperte ich bei facilcecile http://cecilef.canalblog.com/ und ahnte gar nicht – oder wollte nicht wissen – was sich da noch alles auftuen könnte.

    Ich frage mich nur, wann die Frauen das alles machen. Neben Job und Haushalt kaum vorstellbar, alleine zum Rauslassen der Kreativität braucht es Muße.

    Bei deiner Aussage über französische Blogs war ich zuerst verblüfft, sind doch die vielen Blogs, die ich von dort lese, sehr, sehr schlicht.
    Lucys Beitrag schaffte dann die Verbindung: Auch die „uni-farbenen Blogs“ haben hier und da eine neckische Spielerei, ein Schleifchen, vor allem Kleinigkeiten in meinen geliebten Liberty-Stoffen.
    Solche Kombination ist mir auf deutschen Blogs nicht begnet, was allerdings nichts zu sagen hat, weil die Blogland mittlerweile riesig geworden ist.

    Textile Grüße
    Tally

  5. Ich hätte auf jeden Fall mal Lust, eines der Bücher anzuschauen. Und ich stimme Lucy zu: ich glaube auch, dass die großen Verlag zu unbeweglich, oder vielleicht zu wenig risikofreudig sind. Mich spricht an aktellen deutschen Nähbüchern auch wenig an. Wenn man keine rosa-blau-Farbkombinationen und alberne Aufnäher mag, hat man im Moment offenbar schlechte Karten. Aber das ändert sich bestimmt auch wieder… Es gibt auch schöne amerikanische Nähbücher, die hierzulande nicht übersetzt und verlegt werden.
    Mir gefällt Deine gehäkelte Kette ausgesprochen gut.

  6. Ich bin ein bischen zwiegespalten, wenn es um Lea Stansals Arbeit geht. Auf der einen Seite find ich ihre Stickereien wunderschoen, auf der anderen finde ich auch, dass sie leicht ein bischen zu viel sein koennen. Zu viel Schnoerkel, zuviel Farbe, Texture, etc., ganz so wie du angedeutet hast.

    Dennoch ueberwiegt oft, dass ich diese opultenten, detailierten Arbeiten toll finde. Es ist wahrscheinlich egal, ob schlicht oder opulent, es muss nur gut gemacht sein, was immer das auch heisst. Beides ist oft eine Herausforderung.

    Bzgl. Naehbuecher, da stimme ich ueberein. In Deutschland gibt’s nicht wirklich interessante aussergewoehnliche Buecher, obwohl ich schon denke, es duerfte dafuer einen Markt geben. Hier in den USA gibt es mittlerweile so viele Buecher, dass es scheint, als sei der Markt ein wenig gesaettigt, ich finde kaum noch neue wirklich interessante Buecher. Vieles sieht aus wie Amy Butler und Anna Maria Horner und das ist mir dann definitiv zu viel.

    Deine Arbeiten haben die richtige Balance. Inspiriert, aber nicht imitiert. Und das macht sie wirklich besonders und schoen!

  7. Danke, danke für diesen Post. Ich schaue mir diese Seiten auch immer Wieder an, leider kann ich nur schlecht französisch, daher bleibt es beim anschauen. Selbst die Zeitungen z.B. Marie Claire Idees sind opulenter als alle deutschsprachigen Hefte und für mich macht eben gerade das opulente auch das französische aus. Die Damen in Kleidchen mit Blumen und Maschen und jeden Art von Gigi, rote Lippen usw. wie man es auch im französischen Film sieht …das macht für die Wienerin die Fränzösin aus. Verschieden Frauenzeitschriften erheben doch immer wieder welches europäische Land welche Kosmetikartikel bevorzugt oder täglich verwendet. Also in Österreich gilt der Gebrauch von Wasser und Seife schon als Kosmetik und soweit ich mich erinnere ist die Französin Spitzenreiterin beim Gebrauch von Lippenstift und Make up. Ich finde das spielt schon alles irgenswie zusammen. In Österreich ist das schlicht nicht üblich und ein bißchen mehr aufgehübscht erntet man schon erstaunte Blicke.

    Du solltest Dein Licht aber nicht unter den Scheffel stellen oder Vergleiche anstellen – Deine Entwürfe und Arbeiten sind eine Liga für sich, ich bin immer restlos begeistert und bewundere Deine Kreativität.

    Liebe Grüße
    Teresa

  8. Ich war wie Tally bei http://cecilef.canalblog.com/ öfter unterwegs, immer hin-und hergerissen und habe mich ulkigerweise genau das selbergefragt wie Du . Wieso gerade bei den Franzosen so eine überbordende Üppigkeit beliebt ist, obwohl ich sie in der Mode genau für das Gegenteil bewundere. Schlichte sportive Klassik, oft zeitlos in gut verarbeiteter Qualität. Eine befriedigende Antwort kam mir nicht, nur höchstens die, dass sich immer Gegensätze aufs Tablett rufen als Kräfteausgleich!?
    Fasziniert bin ich vom Handwerk an sich immer und liebe es , wenn es im Kontrast zur Sachlichkeit doppelt punktet.
    Eines von den Büchern habe ich mir bei Amazon angeshen und wurde sofort an Kaffe fasett erinnert. wirklich sehr ähnlich, denn er hat auch schon vor etlichen Jahren gestickt, geklebt. Mosaike gemacht, seine gesamte Umgebung mit seinen kreativen und Ideen gestaltet. Das Stricken und die Stoffe kamen irgendwie erst später, höchstwahrscheinlich wurde die Industrie auf ihn aufmerksam.
    Sehen wir uns bald?
    Üppige Grüße von karen

  9. Ich find es einfach schön, sich an Dingen, die einen so ansprechen, einfach mal auszuprobieren. Man findet dann schon heraus, wie sich das anfühlt und ob das etwas für einen ist. Vielleicht sind es nut Teilchen daraus, die einem in seinem eigenen Schaffen neue Möglichkeiten eröffnen…

    Kennst du noch die alten „100 idées“ Hefte. Ich hab sie geliebt und war todtraurig, als sie eingestellt wurden.

  10. Hier passt nun eine Anekdote ganz gut hin, die ich letzten Monat in Frankreich erlebt habe:
    Ich sitze mit ein paar Französinnen herum, wir kommen auf Andschjela Merkellll zu sprechen und man sagt mir: „Sie ist so herrlich natürlich, bodenständig, man sieht, ihr ist ihr Äußeres egal, ihre Jacken sitzen schlecht, sie kümmert sich nicht um sich – ganz anders als unsere immer gut frisierten, geschminkten und gestylten Ministerinnen, die sonst was von sich glauben.“
    Ich war natürlich ganz baff, vor allem weil ich Frau Merkel von früher noch gut vor Augen habe. Aber ich fand diese Episode auch sehr bezeichnend für den Standard, der für französische Frauen gilt.

    Mit den opulenten Blogs meinte ich hauptsächlich die z.B. über Facile Cecile verlinkten, so etwas ließe sich in Deutschland nie zusammenstellen. Aber es gibt natürlich auch ganz andere, schlichte Blogs in Frankreich, ich wollte da nicht generalisieren.
    Die Sachen von Léa Stansal kommen in den Büchern sehr viel besser rüber als irgendwo hier im Internet. Da sieht man mal wieder, wie wichtig die richtige Präsentation ist.
    Ich glaube auch, dass es mit den Büchern bald besser werden wird. Es hat sich in den letzten zwei Jahren sehr viel getan (hin und wieder gehe ich bei Dussmann und Hugendubel das Kreativregal inspizieren). Im Moment sind noch die albernen Aufnäher das höchste der Gefühle, aber sicher ziehen die spezielleren Sachen nach – bis es dann zu der Sättigung kommen, von der Annekata schreibt.

    Für Uschi: Die Anhänger von 100-Idées stellen ihr alten Hefte online, http://les-centidealistes.over-blog.com/

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