Welchen Berufen gingen Frauen um 1900 nach? In der Zeitschrift Berliner Leben habe ich mich mal wieder auf die Suche gemacht und für euch Bilder herausgesucht, die Frauen bei der Arbeit zeigen, Arbeit im Sinne von bezahlter Tätigkeit außerhalb des Hauses.
Fernsprechamt 1906
Kontor 1904
1907 lag der Frauenanteil im Berliner Dienstleistungssektor bei 27 %.
Modeatelier 1905
Verkäuferin 1904
Frauen arbeiteten oft nur bis zu ihrer Verheiratung. Das Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 verpflichete die Ehefrauen zu „Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes“. Wollten sie anderswo tätig sein, so musste der Ehemann einer Berufstätigkeit zustimmen.
1902
Was mir gar nicht klar war: Verheiratete Frauen wurden vom Staat nicht eingestellt. Lehrerinnen zum Beispiel wurden entlassen, wenn sie heiraten wollten.
1906 Säuglingsfürsorge
Gastronomie, 1902
Kindermädchen 1905
Armenfürsorge
Zimmer im Arbeiterinnenheim 1906
Händlerinnen
1906
1905
Waschfrauen 1900
1903
1903
1903
(Dem Klischee zum Trotz arbeiteten auch Männer im Textilgewerbe, vor allem wenn Maschinen im Spiel waren.)
1903
Zahlreiche Institutionen setzten sich dafür ein, Frauen unabhängig von einer Eheschließung zu machen. Beispielhaft war der Lette-Verein, der „Verein zur Förderung der Erwerbsfähigkeit des weiblichen Geschlechts“ .
1904
Zum Abschluss hier eins meiner Lieblingsbilder aus der Zeitung, arbeitende Frauen sind auch mit drauf. Vielleicht mache ich aus dem Bild noch eine Karte mit Genesungswünschen, für die hartgesottenen Kranken in meinem Umfeld.
1906
Dank an die ZLB, die Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die die Jahrgänge digitalisiert hat.
Euch ein Schönes Wochenende!
Unter #Gemeinfreitag stelle ich nach dieser Idee Fundstücke aus der Public Domain vor. Blogs wie ‚Textile Geschichten‘ wären ohne historische Bilder nicht machbar. Danke an alle Bibliotheken, Museen und Privatleute ihre Bilder zur Weiternutzung freigeben.
Vielen Dank für diesen Beitrag!
Das hat mich an meine Vorfahrinnen / Vorkämpferinnen erinnert, eine Großtante war Handschuh-Verkäuferin und „stieg dann auf“ ( heiratete einen Bankier), eine war Vermittlerin im Fernsprechamt (siehe oberstes Photo), eine war Frauenrechtlerin und Mitglied in Verbänden wie dem Lette-Verein.
Meine Mutter noch, ungeschieden aber getrennt lebend, konnte kein Bankkonto eröffnen…
Ich (64 Jahre) gehöre zur ersten Frauengeneration, die frei leben konnte, habe aber immer noch weniger als meine männlichen Kollegen verdient, in einer so progressiven Branche wie der Software – Industrie!
Ich bin den Frauenrechtlerinnen / Suffragetten / Emanzen dankbar und finde es schade, daß die jungen Frauen heute alles für gegeben / selbstverständlich nehmen und junge Mädchen wieder Prinzessinnen statt Rosa Luxemburg als Vorbild haben.
Toll, dass du jetzt die Bilder auch noch mit Leben füllen kannst! Ja, man vergisst, wie kurz die Zeit der rechtlichen Gleichstellung erst ist. Das mit den Prinzessinnen ist glaube ich aber auch nur eine kurze Phase, spätestens wenn die ersten Ungerechtigkeiten auftauchen, stehen die jungen Mädchen ganz selbstbewusst für sich ein – beobachte ich jedenfalls im eigenen Umfeld. Also, ich habe Hoffnung.
Thérèse de Dillmont, die Verfasserin der wunderbaren Enzyklopedie der weiblichen Handarbeiten, mußte ihre Verheiratung auch verschweigen, sonst wäre sie bei DMC rausgeflogen! Soviel habe ich zumindest darüber erfahren.
Von einer älteren Dame, die ich beruflich kennengelernt habe, hörte ich folgende Geschichte:
Es war kurz nach Kriegsende, sie hatte einen Vorstellungstermin als Sekretärin bei einer bedeutenden Kölner Firma. Alles lief gut, ein Fahrer sollte der jungen Bewerberin noch das Firmengelände zeigen. Während der Fahrt sprach er sie immer wieder mit Fräulein XY an, bis sie sagte, nein ich bin Frau XY, ich bin verheiratet. Daraufhin machte der Fahrer sofort kehrt und sagte: „Da muß ich Sie zurück bringen, hier werden generell keine verheirateten Frauen eingestellt“. Sie war draußen!
Danke an Suschna für die interessanten Berichte und Fotos,
liebe Grüße
Tyche
Vielen Dank für die Zusatzinfo! Für Therese de Dillmont gab es bis vor Kurzem noch nicht einmal einen Wikipediaeintrag, das hat aber nun wohl jemand gemacht, was mich sehr freut.
Toller Beitrag! Ich fand die Bilder und Informationen sehr spannend – Dankesehr :)
Liebste Grüße,
Rina von https://darlingrina.wordpress.com
danke! Bei dir ist es aber auch auch schön und interessant.
Wieder viele schöne Bilder. Ich finde von dieser Zeit ja immer faszinierend, dass alle Frauen die exakt selbe Frisur haben. Und frage mich, wer wohl diese Luise Lind ist, die ihren Namen so unverschämt auf ihren Marktstand gedruckt hat?
Irgendwie scheinen mir die Händlerinnen auch die coolsten in dieser ganzen Riege.
Wo ist mein langer Komentar hin, den ich vor Tagen schrieb????????????? Schluckt das word Press das einfach? das finde ich ja übel.
Das ist ja blöd, bei mir im Spamordner ist auch nichts, habe auch keine Benachrichtigung bekommen. Sonst warte noch ein bisschen mit deinen immer guten Beiträgen, sitze gerade an der Fortsezung zum Strandbildrätsel (dafür ist dieser Beitrag auch eigentlich gedacht).
Der Ehemann musste in der BRD noch bis in die 70er Jahre einer Erwerbstätigkeit seiner Frau zustimmen. Meine Eltern hatten denselben Beruf und meine Mutter war sogar besser und erfolgreicher, aber mein Vater hat ihr nach der Hochzeit den Vertrag nicht unterschrieben. Pech gehabt.
Den Lette-Verein gibt es übrigens heute noch.
Als ich Kind war, ging man zur Vorsorge nicht zum Kinderarzt, sondern zur Säuglingsfürsorge. Dort wurde auch die Einschulungsuntersuchung gemacht.
Vielen Dank für’s Zeigen!
Liebe Grüße,
Henriette
[…] Uniformmützen als Arbeitskleidung sehr ungewöhnlich. Daher war mir auch der vorhergehende Beitrag Berufstätige Frauen um 1900 wichtig – die Stichprobe in den Jahrgängen 1900 bis 1910 der Zeitschrift ergab kein einziges […]
Liebe Suschna,
ich möchte Dir sagen, wie furchtbar gerne ich hier lese. Jedesmal fühle ich mich gut unterhalten, habe neue Inspiriationen im Kopf und neues gelernt. So eine Freude! Dein Buch steht hier, und ich habe es auch schon verschenkt. Ich danke dir wirklich sehr das Du dies alles einfach so mit uns teilst. Welch ein Geschenk!
Ich danke dir auch, dass du mir Bescheid sagst – man weiß ja doch nicht, was all die Leser immer so denken und ob man Freude bereitet. Jedes Lob ist Ansporn.
Verheiratete Frauen wurden entlassen oder gar nicht erst eingestellt??? Ich bin grad baff wegen meiner eigenen Unwissenheit, was die Vergangenheit anbelangt. Und glücklich, heute Mitte Vierzig zu sein und nicht vor 100 Jahren. Zum Thema Mädchen und Prinzessinnen kann ich nur sagen, dass selbst die Prinzessinnen in den Disney-Filmen heutzutage nicht mehr Prinzen-abhängig sind und meine Tochter ein T-Shirt mit dem Aufdruck „self-rescuing princess“ besitzt. :-) Letztens auf Facebook kursierte so ein geniales Kurz-Video, mal schauen, ob ich den Link hierher kopiert bekomme: https://media.giphy.com/media/3oEdv5FXteGY8iS8CY/giphy.gif
Prinzessin sein und selbstbewusste Coolness schließen sich heute nicht aus! lg, Gabi
Herrlich, die Frauen auf dem ersten Foto in Reih und Glied sitzend während das ach so starke Geschlecht mit offener Jacke über dem Bauch aufpasst, dass auch ja ordentlich gearbeitet und nicht zu viel geschnattert wird.
ja, diese rechtlosen Zeiten waren wirklich lustig!
Wieviele Vorurteile kann ich aus deinem Kommentar herauslesen?
Keine Sorge, der Kommentar ist ja ironisch gemeint, ihr seid sicher einer Meinung.