Stickversuche mit Bouillon – Stoffspielerei September

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Nein, hier geht es nicht um Brühe. Bouillon heißt auch eine Spirale aus Metalldraht, meist gold- oder silberfarben, die zum heutigen Stoffspielereithema* „Metallstickerei“ passt.

Vorbild für mein Projekt waren die Broschen von Macon et Lesquoy,  die sehr witzig und besonders sind.

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Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich wusste, wie diese Broschen gemacht sind. Bouillon, auch Kantille genannt, kennt man zum einen von Kirchenstickereien, zum anderen auch von Uniformabzeichen oder goldbestickten Fahnen. Auf Deutsch muss man dazu nach „Klosterarbeiten“ suchen, findet aber nicht viel. Eher wird man auf Englisch unter dem Stichwort „Goldwork“aufgeklärt. Bouillon ist nur eine von vielen Möglichkeiten in der Goldstickerei. An das originale Material heranzukommen ist ziemlich schwierig und kostspielig. Online gibt es unter dem Stichwort „Klosterarbeiten“ nur wenig Lieferquellen, und wenn man keine Ahnung hat, will man auch nicht blind irgendetwas bestellen.

In Sachen Bouillon entschied ich mich also lieber, beim Bastelkaufhaus Idee in der Floristenabteilung zuzugreifen, getreu dem Motto „If in doubt, try it out“, war auch nicht so teuer. (Entschuldigung an alle echten Klostersticker, die gerade schwer atmen). Laut Website soll man mit dem Spiraldraht wohl Blumen umwinden, naja.  Auf dem Foto scheint der Draht auseinandergezogen, in meiner Packung sieht er wie eine geschlossene Schnur aus.

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Was man sonst braucht (verfilzter schwarzer Wollrest, gold/silbergraues Garn, Stickrahmen), hatte ich hier. Besonders hilfreich war der Teppich als Unterlage, da rollt nichts weg, alles lässt sich gut mit der Nadel aufnehmen. Zuerst legt man die Umrandung an (bei mir Kettenstich), danach füllt man die Fläche mit kleinen Abschnitten des Spiraldrahts. Jeder Abschnitt sollte genau die richtige Länge haben, da gibt es sicher Tricks. Ich schnitt mit der Schere nach Augenmaß, was nicht so gut ist. Dann muss man die Spiralen nur noch über einen Nadel fädeln und wie eine Stabperle aufnähen. Geht ziemlich schnell und macht Spaß. Eigentlich muss das natürlich ganz fein und regelmäßig sein, mit meinem Blumendraht unmöglich. Besonders schlimm war der Silberdraht, der kam schon gequetscht und verzogen aus der Packung.

Später erinnerte ich mich an einen Weihnachtsanhänger aus London mit Goldstickerei. Im Vergleich kann man schön sehen, wie viel kleiner und dünner echter Bouillondraht ist. Der Schriftzug „St-Martins“ zum Beispiel besteht auch nur aus Spiralabschnitten.

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Meine zwei Anstecker finde ich so naja, wirken doch noch etwas militärisch bzw. baumschmuckmäßig. Sie landen wohl in der Verkleiden-Kiste. Die silberne Amöbe sollte eigentlich ein Mund mit Perlzähnen werden.

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Im Idee-Kaufhaus fiel mir auf, wie viele Stick- und Bastelpackungen (mit gar nicht mal so schlechten Projekten) es dort zu kaufen gab, das hat wirklich zugenommen. Ich kann das auch verstehen. Hätte es eine Stickpackung mit allem gegeben, was man für eine Brosche a la Macon et Lesquoy braucht, hätte ich sie gekauft. So aber scheue ich die Investition für das Grundmaterial. Bleibt dennoch im Hinterkopf! Diese Mütze von Schiaparelli hätte ich nämlich auch gern.

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Nun bin ich gespannt, wer noch etwas probiert hat (vielleicht auch mit Bouillon?) und freue mich, euch hier mit euren heutigen Beiträgen zu verlinken.

  • Nähzimmerplaudereien ist mit einem gekupferten Oktopus dabei
  • Bei Machwerk biegen Drähte warmen Filz zu einer sympathischen Ablage
  • Die Galerie der Handarbeiten präsentiert Kronkorken statt Shisha-Spiegelchen, sehenswert!
  • Karen häkelt mit Goldgarn und weiß noch viel mehr zur Geschichte der goldglänzenden Stickerei, Bouillon kommt auch vor!
  • 123-Nadelei hat sich vom Steampunk für einen Kragen inspirieren lassen und -wie andere – ziemlich mit dem Metallic Garn gekämpft.
  • Nahtzugabe zeigt, wie man Goldgarn auch ganz modern und effektvoll einsetzen kann

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Die monatliche Stoffspielerei ist eine Aktion für textile Experimente. Sie ist offen für alle, die mit Stoff und Fäden etwas Neues probieren möchten. Der Termin soll Ansporn sein, das monatlich vorgegebene Thema soll inspirieren. Jeden letzten Sonntag im Monat sammeln wir die Links mit den neuen Werken – auch misslungene Versuche sind gern gesehen, zwecks Erfahrungsaustausch.

Der Plan für die nächsten beiden Monate:

Sonntag 30. Oktober    Griselda / Machwerke zum Thema  „Blätter“
Sonntag 27. November   Lucy / Nahtzugabe, Thema folgt noch

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18 Kommentare

  1. Liebe Suschna, auch wenn ich jetzt gesehen habe, wie fein der „originale“ Bouillon-Draht ist, finde ich trotzdem Deine beiden Stücke sehr gelungen und gar nicht militärisch.
    Leider habe ich es dieses Mal nicht geschafft etwas vorzubereiten, obwohl ich mich bereits auf Mary Corbets wunderbarer Stick-Seite „Needle ’n‘ Thread“ umgesehen hatte, die unter anderem eine Menge Goldwork umgesetzt hat (siehe http://www.needlenthread.com/tips-techniques#tntgold). Darf ich trotzdem so frei sein und Dich und die anderen Stoffspielerei-Teilnehmerinnen von heute einladen, Euch bei meiner „Handgestickt-Linkparty“ zu verlinken? (http://www.madewithbluemchen.at/handgestickt-linkparty/) Das würde mich sehr freuen! Hab einen schönen Sonntag, ich freu mich schon aufs Lesen Eurer kreativen Inspirationen! Gabi

    • Ja, auf NeedlenThread wollte ich eigentlich auch verlinken, aber das war mir dann im Vergleich doch peinlich mit meiner Kirmes-Stickerei. Das gilt auch für eine Link-Party, aber ältere Sachen von mir könnte ich dahin bringen. Danke für den Hinweis!

  2. Bouillon – allein schon das Wort im Zusammenhang mit Sticken: genial. Dein Sternchen erscheint als Brosche geeignet. Die Amöbe wirkt vielleicht ohne die Perlen bessser. Ichbin ja auch bei meinen Recherchen bei Klosterarbeiten gelandet, habe aber zügig die Segel gestrichen. Wie Du schreibst, erschien schon die Materialbeschaffung schwierig und kostspielig. Ich habe schon ewig lang hier in der Stadt nach Metallgarn gesucht. Nun habe ich noch was übrig…
    Lieben Dank für Dein Berichten und Sammeln der Beiträge,
    Ines

    • Die Perlen trenne ich von der Amöbe wieder ab – aber nur, weil ich den Rest entsorgen will :)
      Vielleicht könntest du mit dem Kupfergarn noch etwas häkeln? Mit Bienenwachs gewachst geht es vielleicht besser?
      Jedenfalls deutet alles darauf hin, dass für solche seltenen Techniken Bastelpackungen gar keine schlechte Idee wären,

  3. Liebe Suchna, ich lese hier schon lange mit. Es gibt Goldstickereipackungen in England. In Kanada und Australien auch, aber die sind zu weit weg. Die Adressen kann ich ggf. heraussuchen.
    Ich möchte bei den Stoffspielereien mitmachen und habe einen blog-Beitrag dazu geschrieben. Wie funktioniert das Verlinken?

    • Danke fürs Mitmachen! Ich habe dir einen Kommentar hinterlassen, hoffentlich ist der angekommen. Falls nicht: Wir verlinken die Beiträge selbst, allerdings brauchen wir die Linkadresse zu dem jeweiligen Blogbeitrag. In Zukunft kannst du ja http://www.galerie-der-handarbeiten.de (mit den Bindestrichen) beim Kommentarfeld eingeben, dann findet man dich.

  4. Danke für den Einblick. Ich hatte die Technik schon ein paar mal auf Pinterest gesehen, mir aber nicht weiter Gedanken dazu gemacht. Ich finde deine Erzeugnisse toll – den „Mund“ würde ich mir an einen Turban heften, vielleicht sogar noch eine große Feder dazu. :) Mir gefallen sie.

    Liebe Grüße
    Jenny
    http://exclamation-point.de

  5. Deine Spielerei ist filigran und ehrgeizig, manche Sachen muss man einfach mal probieren.
    Sgt. Peppers-Jacken sind immer wieder beliebt, an so einem Stück ist viel „Spielraum“ zum Üben (auch für Posamenten ;-))
    Nach langen Überlegungen habe ich für Dein Thema mal Metallicgarn und Negativapplikation kombiniert.
    LG Ute

  6. Finde ich wieder herrlich, dass du auch an die Kloserarbeiten gedacht hast. Die Broschen haben für mich immer etwas Militärisches, sicher wiel die Epauletten auch so wirkten.Vielleicht liegt es an der Kombi schwarz auf weiß? Ich finde deine Versuche aber sehr gelungen! Und diese Bouillonstickerei wie Feuerwerk zu behandeln ist toll, also die Mütze oder Kappe wäre es echt wert nachgearbeitet zu werden. Ich glaube, wenn man sich intensiv mit dem Handwerk beschäftigt hat, kommt man auch auf moderne Ideen. Am Anfang ist man gefangen, das WIE zu beherrschen.
    Bei der Posamentiermeisterin war der Bouillon noch feiner , als bei deinem roten Teil.
    Ein schweres, aber sehr spannendes Thema.
    Goldenen Grüße Karen

  7. Ich finde auch, die Anstecker sind wirklich gut geworden! Das Material ist halt ganz anders als bei den Ansteckern aus Frankreich und bei alter Goldstickerei, wo man quasi nicht erkennen kann, dass die kleinen Röhrchen aus gewundenem Draht bestehen – die Ergebnisse sollte man daher auch nicht unbedingt vergleichen wollen.

  8. Es ist halt wahnsinnig schwer sich mit derartigen Vorbildern vergleichen zu wollen, da steckt jahrelange Übung und Erfahrung drin. Deshalb finde ich gut dass du das überhaupt mal ausprobiert hast. Es geht bei den Stoffspielereien ja auch ums Entdecken und um die Erweiterung des eigenen textilen Repertiores.
    Diesen Floristendraht zu nehmen finde ich übrigens ganz großartig, da muss man erst mal draufkommen!

  9. Der Stern sieht doch super aus!
    Da ich für solche Dinge leicht zu begeistern bin, habe ich mich natürlich gleich auf die Suche nach diesem Bouillondraht gemacht. Er sollte wohl höchstens 1mm dick sein, damit es nicht zu grob wirkt. Auf den zweiten Anlauf bin ich online fündig geworden: http://www.zwsw.de
    Liebe Grüße
    Anja

    • Vielen Dank für den Hinweis! Ich habe inzwischen schon woanders bestellt, aber dein Link scheint auch eine gute Adresse zu sein.

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