Kunstausflug

Ein Mann, der gefundene, verwitterte, kaputte Textilien zusammennäht und damit Keilrahmen bezieht, der Schwach- und Fehlstellen die Ehre gibt, Diamantstaub auf schmutzige Leinwand streut: Der Artikel in der Augustausgabe der Kunstzeitschrift Monopol machte mich ganz aufgeregt. Einige der dort abgebildeten Werke erinnerten mich auch sehr an koreanische Pojagi-Tücher.

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Zum Glück hat Sergej Jensen, ausgebildet an der Städelschule in Frankfurt/Main und jetzt in Berlin lebend, zur Zeit eine Ausstellung  im KW, den Kunst-Werken  in Berlin-Mitte. Wir machten uns auf den Weg, um die Bilder im Original zu sehen.

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Vor Ort mußte ich dann feststellen, daß von den in der Zeitschrift abgebildeten 10 Werken vielleicht drei tatsächlich in der Ausstellung zu finden waren, vor allem fehlten mir die „Patchworkarbeiten“, auf die ich mich aufgrund des Artikels gefreut hatte. Und, wie so oft, ohne Vorbildung ist mit all dem  nicht viel anzufangen, das gilt für alle drei zur Zeit noch in den Kunst-Werken laufenden Ausstellungen.  Auch die angekündigte Sinnlichkeit der textilen Bilder funktionierte bei uns nicht, wahrscheinlich, weil sie in der (vom Künstler gewünschten) ramschigen Umgebung Mimikry betrieben.  Laut Monopol sagt die Kuratorin über die Bilder: „Sie sind extrem sinnlich, aber eben auch sehr intellektuell in dem Sinne, dass sie eine Bewusstheit darüber zu haben scheinen, dass sie betrachtet werden“.  Na, unsere Betrachtungen waren ihnen, glaube ich, egal. 

 

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Für sinnliche Genüsse würde ich eher das lauschige Café im Innenhof der KW empfehlen.

 

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Einen Überblick über die Werke Jensens gibt mal wieder die Google-Bildersuche.  Wer Diskurse dazu braucht, kann hier ein bißchen lesen. Dort steht auch, daß der Künstler von seiner Mutter  nach seinen Entwürfen Strickarbeiten anfertigen läßt, die er dann „als dekorativ auf dem Boden ausgelegte Matten und Bahnen im Ausstellungskontext präsentiert“.

Außerdem stehen da noch so schön geschwurbelte Sachen wie: „Die Evokation von Handarbeit bezieht sich auf Fragen der geschlechtlichen Kodierung von spezifischen künstlerischen Verfahren ebenso wie auf die utilitaristischen Aspekte von Abstraktion in der Gestaltung.“   Meine Kodierung verlangt von mir nun, ein bißchen an meinen gar nicht abstrakten, aber sehr utilitaristischen Juliblumen zu sticheln. Eine Präsentation in einem  Ausstellungskontext ist nicht vorgesehen, in einem Blogkontext aber schon.

 

Die Ausstellung läuft nur noch bis zum 9. August, das Café ist aber auch sonst und später noch offen.

 

3 Kommentare

  1. Schade, das der Besuch der Ausstellung nicht so war wie erwartet. Ich kann Deine Neugierde auf die Stoff-Werke verstehen. Ganz besonders hätten mich auch die Strick-Arbeiten der Mutter interessiert. Ich stelle mir vor wie sie zuhause sitzt und die „Bilder“ ihres Sohnes nach strickt…

  2. Haha! Geschwurbelt….kenn ich…so kommt man so manches mal kopfkratzend aus dem Ausstellungsgebäude…denn der „Besprecher“ hatte eine dreijährige Ausbildung in Hochseil-Wort-Akrobatie.
    Seit mir in der Abi-Zeit ( Kunst-LK) mal ein Museumsmitarbeiter erklärt hat, dass Kubismus eigentlich hundseinfach ist, man ihn aber so herrlich verbal verhexen kann, dass keiner mehr was „checkt“ bin ich ziemlich entspannt.
    Ich freu mich, wenn’s ein Begleitfilmchen gibt, das oft die Person des Künstlers erhellt, ansonsten beschränk ich mich auf mein ästhetisches Empfinden…wird der Sache nicht immer gerecht…iss aber schön so!
    :)

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