Gee’s Bend in Charlottenburg

Dieser Titel ist natürlich total übertrieben. Aber ein bisschen passt er doch zu Hedi, die (so wie auch Floh und Carmen) bei unserem monatlichen Nähtreffen mitmacht. Mich erinnert die Unbekümmertheit, mit der sie Stoffe aus ihrer Familiengeschichte zusammenstellt,  an die freien Arbeiten der Quilterinnen aus dem letzten Eintrag.

 

 

Hedi näht die Stoffstreifen intuitiv aneinander – sie legt nichts stundenlang vorher aus. Sie hält sich auch nicht lang mit geraden Kanten und Nähten oder welligen Stofflagen auf. Und wenn irgendwo ein Dreieck fehlt, dann wird es schnell eingesetzt.

 

Ich habe eine Theorie, wieso das funktioniert: Hedi ist Floristin. (Noch dazu im vielleicht schönsten Blumengeschäft Berlins). Dort  stellt sie täglich die wunderbarsten Blumensträuße zusammen. Sie weiß mit großer Sicherheit, wie man Farben und Strukturen zusammen wirken lässt. Und diese Sicherheit fließt dann auch in ihre Stoff“sträuße“.

Gerade arbeitet sie an einer Decke für ihre Tochter. Darin enthalten: Bettwäsche, Schürzen, Kleider und Tischdecken aus drei Generationen.

Ein Stück von Hedis Kinderbettwäsche: „Das Licht fiel durch die Bettdecke und ich habe das Muster betrachtet. Das sind meine ersten visuellen Eindrücke von dieser Welt.“

Teile vom Sommerkleid der Tochter und einer von der Großmutter handbestickten Tischdecke:

Auch Hedis Girlande, die zu den Geburtstagen aufgehängt wird, ermöglicht einen Gang durch die Familiengeschichte. Von den Shorts des Ehemannes, die er von einer Indienreise mitgebracht hat bis zum Kittel der Großmutter sind viele Erinnerungen darin enthalten. Die Kinder hören den Geschichten zu – ohne den stofflichen Beweis wäre das vielleicht anders.

 

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16 Kommentare

  1. Das sind sehr schöne Sachen! Die große Decke würde ich ja gerne einmal aus der Nähe betrachten. Vielleicht braucht das Zusammenstellen von Farben und Mustern auch einfach Übung – deine Floristenthese finde ich nicht von der Hand zu weisen. Daraus könnte man ein Projekt machen: Jeden Monat einen Kissenbezug patchen, oder einen kleinen Quilt. Die Latte nicht so hoch hängen, dann kommt auch die Lockerheit beim Sprung.

  2. Bin ja auch Floristin, zwar noch nicht so lange, aber ich behaupte mal ich kann schon mitreden :D Es stimmt schon, Floristen haben ein Gespühr für Farben und Formen, müssen sie ja auch, sonst wär der Strauß am ende nicht rund, sondern eckig (das gibts zwar auch aber das ist ein anderes Thema).
    Viele Sachen gehen mir mit meiner Ausbildung wirklich besser durch die Hand, aber ich denke das kann man auf die meisten gestalterischen oder kreativen Berufe projizieren.
    Floristen sind ja auch eher grobmotorisch, sie müssen die Blumen in die wildesten Positionen rücken und so sehe ich das auch mit Decken und Quilts. Ich bin grad auch zufällig dabei eine Babydecke für eine Taufe zu nähen und da sind die Nähte auch nicht immer hundert %

    Ich find den Blumenladen wirklich außergewöhnlich gut, im Sommer in Berlin fahr ich bestimmt mal nach Moabit :)

    Liebste Grüße, Niki

    • Ja, geh mal hin! Ich habe Hedi auch schon auf deinen Blog hingewiesen, leider hat sie mit Internet gar nichts am Hut.

  3. Danke für das Zeigen!!!!!!!!!! Das ist Quilt in Reinkultur, so wie es Griselda im letzten Post auch kommentiert hat. Deine Nähfreundin ist eine Begabung, ganz eindeutig! Der These der Floristin stimme ich eher eingeschränkt zu. Dieses Gabe hat man und deshalb ist sie sicher auch eine gute Floristin. Es gibt Blumenläden da geh ich nur einmal hin, genauso wie beim Friseur. Da kann man zwar Handwerk gelernt haben, aber die Gabe ,was zu wem paßt und was nicht, ist nur bedingt wirklich erlernbar.
    Großmutters Tischdecken so zu verarbeiten finde ich Klasse.
    Ich versuche das immer so vorzudenken und dann bleibt es eben im Kopf als Ideenstapel. Da ist es doch besser, man setzt sich an die Maschine und legt los. Davon würd ich mir gern ne Scheibe abschneiden.

    Stoffgeschichtengrüße von Karen

  4. Auch ich bin begeistert.
    Zuerst dachte ich beim Verzicht auf gerade Linien an den US-amerikanischen Trend des intuitiven Zerschneidens, viel zu sehen auf Blogs und und ein kleines bisschen mir persönlich zu „gehypt“.

    Bei deiner Nähfreundin kommt es aus innen heraus, was richtig zu spüren ist.

    Wenn KaZes Theorie richtig ist, finde ich es ganz schön entmutigend. Ich glaube schon daran, dass durch Tun und gelegentlichem Reflektieren große eigene Fortschritte machbar sind.

    Lucys Idee geht ja wieder in m.f.p.
    Durch Tun kommen die Ideen ins Fließen, der Blick auf die eigenen Schätze ganz sicher.

    Wieder einmal denke ich, wie gerne ich einmal bei eurem Treffen dabei sein würde.
    Tally

    • Dieser Trend des intuitiven Zerschneidens ist mir bisher entgangen. Muss ich mal meine personal surferin um Links bitten.

  5. Ja diese Werke sind wunderschön. Und ich finde auch, dass es Stücke gibt die schön komponiert sind und trotzdem schweigen, diese hier schwätzen mich dauernd an….Ich würde jedes Teil auch gerahmt an die Wand hängen!
    lg eure Carmen

  6. Nein nein Tally, nicht entmutigend! Ich sehe das so wie mit Kinderzeichnungen. Intuition und Unbekümmertheit verlieren wir oft, wenn der Kopf mitmacht und er viel gelernt hat.
    Nicht umsonst haben die Farb-und Designgruppen der Hersteller von Ptachworkstoffen Hochkonjunktur, weil es damit ein leichtes ist zu komponieren. Ein chaotisches Stoffsammelsurium gelungen zusammenfügen ist um ein Vielfaches schweiriger.

  7. Ja, was Karen da anspricht, das habe ich bei Suschnas vorigem Post versucht auszudrücken und konnte es nicht. Genau das meinte ich. Man versucht so viel Gestaltung, und dadurch bleibt man erst recht hängen. Und die Fülle der Materialien hilft dabei nicht, im Gegenteil – wenn man z. B. nur mit etwas verwaschenen alten Stoffen arbeitet, dann haben die Stoffe optisch und haptisch schon eine Gemeinsamkeit, die Farben nähern sich an. Stapelweise neue Patchworkstoffe (die nicht aus einer Serie stammen) sind da schon komplizierter.

  8. Heid ist einfach eine goßre, kreative Könnerin! Bravo! Genau mein Geschmack!! Ich liebe gerade das etwas Ungewöhnliche – manchmal nicht so Akkurate an ihren Arbeiten! So könnte mir das Patchen auch noch Spaß machen! Den Post von den Stoffgeschichten über Leben und Tod habe ich schon x-mal gelesen und einigen Leuten gezeigt. Die Geschichte mit den Arbeitsklamotten ging mir so tief…

    ich schick dir liebe Grüße vom BOdensee- wo heute auch das gute Wetter angekommen ist! Endlich. Hat wohl Stefan gestern aus Berlin mitgebrahct? ;-))

    • Nee, schlimmer als hier in Berlin kann es bei euch nicht gewesen sein. Gestern war hier der erste wirkliche Sommertag, einen Tag vorher habe ich noch meinen Wintermantel getragen.

  9. Ich bin echt gerührt über diesen Austausch, denn über diese Fragen habe ich schon oft nachgedacht. Was mich so stutzig macht ist, dass es mir in vielen Bereichen der „Komposition“ (Bilder, Layouts, Einrichtungen z.B.) gar keine Mühe macht, meiner Intuition zu folgen. Nur dieses freie Patchen bekomme ich nicht in den Griff, und Hedi macht das so nebenher. Vor Kurzem habe ich in eine Fernsehsendung zum Thema Intuition gesehen, dort hieß es u.a., Intuition beruhe auf Erfahrung. Ich weiß auch nicht, ob man eine Gabe hat oder nicht, oder ob man sich alles beibringen kann. Wahrscheinlich kommt es auf dieses „von innen heraus“ an.

  10. Eigentlich wollte ich dir zum neueren Post etwas schreiben, doch zum Glück verweist du auf die Kommentare, drum bin ich glücklicherweise wieder hier gelandet (obwohl: es sind so gehaltvolle Kommentare, dass mein Stricken dabei an de Zählstellen nicht mehr ganz so glücklich ist).

    Das, was du zuletzt schreibst, kommt ja auch bei Floh rüber.
    Vielleicht ist es wieder einmal die Mischung.
    Sowohl, aus dem, was einem quasi als Geschenk mitgegeben worden ist, in deinem Fall u.a. diese Stickerei. Wenn ich an deine Zufahrt denke!
    Ganz sicher erleichtert Erfahrung oft (vielleicht nicht immer) die Sache. Technische Probleme können viel verhindern.

    Dann wiederum gibt es den so oft beschworenen Anfängergeist (Shunryu Suzuki). Der beschreibt diese glückliche Herangehensweise.
    Manche scheinen sich diese in manchen Dingen bewahrt zu haben.

    Zu KaZe: Was die Kinder betrifft: ja und nein. Es stützt schon deine Auffassung von „Gabe“. Nicht viele Kinder zaubern locker Zeichnungen und nicht bei allen ist es abtrainiert oder der Mangel an Gelegenheit.
    Trotzdem ist manches auch lernbar.

    Jetzt hintenangehängt: Doch, es muss diese Gabe geben.
    Ich habe früher unendlich viel Zeit verbracht, wenn ich mir ein etwas schwierigeres Kleidungsstück nähen wollte. Traute mir auch wenig zu.
    Da traf ich bei mehreren Gelegenheiten einen Mann, der mal eben aus dem Handgelenk eine Jacke mit Kapuze genäht hatte. Wirklich mal eben, ohne viel Ahnung zu haben. Das hat sehr an meinem Selbstvertrauen gekratzt und ich fand mich unfähig.

  11. Hallo, in den schönen Quilts von Hedi sieht man dunkle, helle, wirre, klare, zarte, kraftvolle, brüchige u. feste Stoffe. Was man aber vor allem sieht ist ein Herz voller Liebe. Hedi ist meine “ liebste Kusine „, sie ist ein Mensch der andere Menschen versteht und liebt und genau das spiegelt sich in ihren Quilts.
    Es freut mich so sehr Hedi, dass auch du nun mit Begeisterung mit den Stoffen malst, denn auch so könnte man die Kunst des Patchens und Quiltens nennen.
    Patchwork tut der Seele gut, in diesem Sinne herzliche Grüße nach Berlin !

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